Der 4. Spieltag und damit die Hälfte der Vorrunde in der Champions League ist passé, Zeit für ein Fazit des neuen Formats mit einer 36-Club-Monster-Tabelle.
Ich war von Anfang an skeptisch. Zu groß, zu unübersichtlich, (viel) zu viele Spiele. Klar, beim Format 8 Gruppen à 4 Teams war oft am Ende das Problem, das alles entschieden war, aber zumindest war es klar, wer wann gegen wen spielen kann. Und jedes Jahr gab es mindestens drei oder vier Gruppen, wo bis zum Schluss alles offen blieb. Jetzt ist es ein großes Ganzes (um nicht zu schreiben: ein furchtb ares Kuddelmuddel) Wie die Gaußsche Kurve (dass ausgerechnet ich mal Mathematik bemühe …) eine kleine Spitze, ein riesiges Mittelfeld und ein kleines Ende. Und wer hat schon den Spielplan im Kopf? Außerdem verliert das direkte Duell erst mal völlig an Wert.
Ich will nicht bestreiten, dass es einige überraschende Ergebnisse gibt wie zuletzt das 1:4-Debakel von Manchester City bei Sporting Lissabon oder die zwei Niederlagen von Real Madrid. Doch ich habe das Gefühl, dass das vor allem daran liegt, dass der echte Druck fehlt, dass Spitzenteams bei zwei Partien mehr (8 statt 6) einen Aussetzer leicht kompensieren können. Weil sich eben 24 der 36 Teams für die nächste Runde qualifizieren. Natürlich ist es auch amüsant, wenn der FC Bayern sich plötzlich auf Platz 25 (!) wiederfindet wie am Mittwoch vor dem Benfica-Spiel („noch nie dagewesen!“). Dieses Aha-Erlebnis wird in den nächsten Jahren dann auch noch wegfallen.
Es gibt natürlich auch mehr Vorrundenpartien von (vermeintlichen) Top-Mannschaften gegeneinander, aber mal ehrlich, es fehlt der Thrill. Eher ist es ein Overkill, wenn gleichzeitig wie am Mittwoch Bayern vs Benfica, Inter vs Arsenal und PSG vs Atlético anstehen (na, weiß noch jeder, wie die Spiele ausgegangen sind oder gar den Verlauf?). Noch nicht einmal die zwei Auswärtsniederlagen der Bayern bei Aston Villa und Barca haben auch nur die geringste Panik verursacht. Und es trafen eben nicht nur Top-Teams aufeinander sondern es spielten (zumindest für mich) völlig belanglose Mannschaften gegeneinander, dessen Ausgang mir völlig wumpe war. Ich nenne jetzt keine Namen.
Und zur (vermeintlichen?) Spannung: Es wird sicher aufregend am Ende, wer in die Top Acht kommt und sich die Zwischenrunde erspart. Aber alle Teams, die vor dem letzten Spieltag darum noch kämpfen werden, haben die mathematische Gewissheit, dass sie noch das Sicherheitsnetz der Zwischenrunde auffängt, ein echtes Ausscheiden für sie also nicht mehr möglich ist. Echtes do or die (um es martialisch zu benennen) gibt es nur im Rangeln um Platz 24, und dieses Rangeln betrifft dann nur noch etwa 10, 12 Clubs, die höchstwahrscheinlich nur der (gehobenen) Mittelklasse angehören. Der letzte Spieltag wird zudem aus Angst vor Wettbewerbsverzerrung zur selben Zeit ausgetragen; viel Spaß wünsche ich (mir) jetzt schon, bei 18 Spielen gleichzeitig den Überblick zu behalten. Ein weiterer Nachteil: Die letzten beiden Vorrunden-Partien werden im Januar ausgetragen, wenn Teams sich also unter Umständen noch verstärken können oder wichtige Spieler verlieren – ist das nicht auch Wettbewerbsverzerrung?
Was jetzt schon (praktisch) klar ist. Für die Top 8 werden 18 Punkte auf jeden Fall, wahrscheinlich sogar 15 oder 16 reichen. Die hat naturgemäß jetzt noch keiner erreicht. Aber da 10 Zähler fix für die Top 24 genurg sind, vielleicht auch 8 oder 9, können die ersten sieben Teams mit jetzt 9+ Punkten praktisch sicher für die K.-o.-Runde planen. Wir werden sehen, wie sich das dann auf die ausstehenden Begegnungen auswirkt.
Zum Sportlichen
Den Überblick bei den jetzt schon 72 Partien zu behalten, war nicht einfach. Der FC Liverpool hat als einziges Team alle 4 Partien gewonnen und dabei einen bärenstarken Eindruck hinterlassen. Aufregend ist Sporting, das einen wunderbaren Fußball spielt. Schade, dass Erfolgstrainer Ruben Amorim jetzt zu Manchester United wechselt. Dort hilft ihm der Kantersieg zuletzt gegen Lokalrivale Manchester City enorm für die Anfangszeit. Ach ja, viel Spaß in der Conference League, Senhor Amroim. Ansonsten haben mich auch die beiden französischen Clubs Monaco und Stade Brest überzeugt
Die größte negative Überraschung ist RB Leipzig mit 4 Niederlagen. Da hilft nur noch ein mittleres Wunder zum Weiterkommen angesichts der kommenden Gegner Inter (A), Aston Villa (H), Sporting (H) und Sturm Graz (A). Wahrscheinlich haben die Sachsen insgesamt das schwerste Gegner-Tableau aller 36 Teams erwischt. Erstaunlich auch die Schwierigkeiten vor allem von PSG. Die CL-Neulinge aus starken nationalen Ligen VfB Stuttgart, Bologna und Girona haben auch ihre Probleme; für sie ist aber noch nichts verloren auch dank des neuen Formats.
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