Swiatek gedopt – und ein ganz übles Dejà vú
Die Doping-Nachricht ploppte am Donnerstag auf. Tennisspielerin Iga Swiatek ist positiv auf das verbotene Mittel Trimetazidin getestet. Die Probe datiert vom 12. August. Soweit, so extrem ungut, doch was danach folgte, ist ein Skandal, der böse Erinnerungen weckt, die noch sehr frisch sind.
Disclaimer: Ich mag Iga Swiatek und ihr aggressiv-attraktives Tennisspiel sehr. Sie ist vielleicht nicht die größte Entertainerin auf dem Platz , aber sie eines der wenigen prägenden Gesichter im Frauen-Tennis, wo ansonsten die Akteurinnen bis auf wenige Ausnahmen (Coco Gauff, Karolina Muchova) reichlich austauschbar scheinen.
Sehr milde Strafe
Iga Swiatek wurde am 12. September, also kurz nach den US Open, für 3 Wochen gesperrt, ohne dass die Öffentlichkeit davon in Kenntnis gesetzt wurde. Die Polin musste für die Asien-Tour passen, offiziell tat sie das wegen persönlicher Gründe, soweit ich mich richtig erinnere. In der Zeit erarbeiteten sich die Anwälte zusammen mit Swiatek die Begründung: Sie habe Melatolin, ein in Polen frei erhältliches Mittel, genommen, um den Jetlag der Vielreisenden zu bekämpfen. Leider leider sei da etwas kontaminiert worden mit dem verbotenen Zeug. Das reichte der für Dopingsachen zuständigen Tennis-Instanz Itia, von einer härteren Strafe abzusehen, auch weil Proben während Olympia und der US Open negativ ausfielen. Großzügig sah man darüber hinweg, dass Swiatek das Melatolin ausgelassen hatte bei den insgesamt 14 Medikamenten, die ihr Sportlerkörper so braucht. Die Müdigkeit, der Jetlag, entschuldigte Swiatek sich, Das reichte: Eine Woche muss die Polin noch gesperrt absitzen, sie konnte den Zeitraum frei wählen, und sie wählte den ohnehin spielfreien Dezember. Bei den WTA Finals in Saudi-Arabien durfte sie mitmachen allein durch ihre Vorrundenteilnahme gut 1 Million Dollar kassieren, ohne dass irgendjemand von ihrem Doping-Drama Bescheid wusste. Eine Farce in jeder Hinsicht.
Erinnerungen an den Fall Sinner
Zusammengefasst: Iga Swiatek wurde auf Trimetazidin getestet, jenes verbotene Mittel, das der russischen Eiskunstläuferin Karolina Walejewa letztlich zum Verhängnis wurde und sie eine 4-Jahressperre absitzen muss. Für den Tennisssport ist das eine Katastrophe: Swiatek war zum Zeitpunkt des Tests die Nummer 1 der Weltrangliste, zusammen mit Aryna Sabalenka dominierte sie bis dato das Jahr. Und genau wie der ebenfalls des Dopings überführte Jannik Sinner
https://blickueberdenteich.de/der-fall-jannik-sinner-stinkt-zum-himmel/
kommt sie mit einer absolut lachhaften Bestrafung seitens der Itia davon.
Mag ja sein, dass sie das Mittel unbewusst genommen hat, aber bei anderen Tennis-Sportlern ist man da mit Sperren sehr viel schneller und härter zur Hand. So wurde Simona Halep trotz ihrer Unschuldbekundungen vorläufig für 4 Jahre gesperrt, und vor der Berufungs-Entscheidung, die die Sperre auf 9 Monate reduzierte, durfte sie nicht spielen. »Ich stehe hier und frage mich: Warum gibt es so einen großen Unterschied in Behandlung und Urteil?«, kommentierte die zu Recht fassungslose die Rumänin auf Instagram. No names warten ewig auf eine Entscheidung, während der sie ihrer Tennis-Tätigkeit auch nicht nachkommen können. Die tschechische Nachwuchsspielerin Nikola Bartunkova, bei der ebenfalls Trimetazidin gefunden wurde und sich ebenfalls auf kontaminierte Mittel berief, wurde ohne aufschiebende Wirkung für ein halbes Jahr gesperrt – und das war angeblich noch die Untergrenze des vorgesehenen Strafrahmens.
Was bleibt, ist Fatalismus
Halten wir fest: Im Tennis ist 2024 sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern die Nummer 1 der Welt positiv auf Doping getestet wurden. In beiden Fällen gab es lachhafte Strafen, die weit unter dem normalen Strafrahnen 2 bis 4 Jahre blieben. In beiden Fällen erfuhr die Öffentlichkeit erst davon, als die Fälle zumindest Tennisverbands-mäßig abgeschlossen waren. Nick Kyrgios, einer der streitbarsten Profis, bringt es auf den Punkt: „Wir können einfach sagen, dass wir es nicht wussten. Das reicht.“
In der Öffentlichkeit ist zwar ein deutliches Rumoren zu spüren, das Wort Skandal, der die Fälle und deren Handhabung und Quasi-Nichtbestrafung nun mal sind meiner Meinung nach, höre ich selten. Ich stell mir nur mal vor, im Radsport wäre bei Tadej Pogacar, ähnlich überlegen wie ein Sinner oder eine Swiatek, etwas gefunden worden, und der Slowene hätte die gleiche Begründung abgegeben. Das hätte in der SZ sofort den Dopingjäger Thomas Kistner auf den Plan gerufen, der ihn gekreuzigt hätte. Es sind ja ohnehin alle auch ohne positive Fälle vollkommen überzeugt, dass der Radsport verseucht ist. Oder es wären nicht zwei in der Szene und beim Publikum überaus beliebte Sportler aus Polen und Italien, sondern böse Chinesen oder gar Russen gewesen.
So wie es aussieht, werden sowohl Swiatek als auch Sinner beim nächsten Grand-Slam-Turnier, den Australian Open im Januar, antreten. Zwar hat die Wada im Fall Sinner Einspruch eingelegt und will eine höhere Strafe, doch über den will der Sportgerichtshof erst im Frühling entscheiden, wie es scheint. Auch dieses Hinhalten erachte ich als völlig indiskutabel und lässt im übrigen erahnen, dass auch de CAS keine längere Sperre ausspricht. Aber das ist reiner Spekulatius meinerseits. Aber wäre das nicht ein tolles Bild, (das nicht so unwahrscheinlich ist): Swiatek und Sinner gemeinsam mit ihren Siegespokalen? Bei mir kommt da sehr wenig Vorfreude auf..
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