von Münchner Löwe | Aug 25, 2024 | bundesliga, Fußball
Christoph Daum hat den Kampf gegen den Krebs verloren. Am späten Samstagabend schlief er friedlich im Beisein seiner Liebsten ein, wie die Familie bekannt gab. Bis zuletzt wehrte er sich gegen den Tod („der Krebs hat sich den Falschen ausgesucht“), ging in die Öffentlichkeit, machte anderen Patienten Mut.
Es ist wirklich ein trauriges Jahr für den deutschen Fußball. So sind die Weltmeister Franz Beckenbauer, Jürgen Grabowski und Andi Brehme nicht mehr unter uns – und das sind nur die Allergrößten, die uns verlassen haben. Nach dem Tod von Willi Lemke vor zwei Wochen verliert die Bundesliga eine weitere sehr prägende Figur der letzten 25 Jahre. Parallele: Wie Werder-Willi Lemke war auch Daum leidenschaftlicher Kontrahent von Uli Hoeneß, der ebenfalls nie ein Blatt vor den Mund nahm. Schön und sicher auch erleichternd für den Bayern-Macher, dass er sich vor schon längerer Zeit mit seinen Lieblingsfeinden Daum und Lemke versöhnte. Legendär ist Daums Sportstudio-Auseinandersetzung im Sportstudio mit Uli Hoeneß, als Köln und die Bayern um die Meisterschaft kämpften, long, long away, lieber FC, und die Giftpfeile zwischen Rhein und Isar nur so herumflogen. Die Attacken von Daum live vor einem Millionen-Publikum vor allem gegen Bayern-Coach Jupp Heynckes, aber auch die Repliken gingen weit unter die Gürtellinie. https://www.youtube.com/watch?v=aO27lkFlhBE
Doch Daum war vor allem ein fantastischer Trainer, der mit damals innovativen Ideen die Trainergilde auf ein ganz neues Level hob in punkto Menschenführung und -Motivation, ein Thema, das ihn schon an der Sporthochschule Köln brennend interessierte.. Und er hatte auch sehr viel Erfolg, beim 1. FC Köln, den er als 33-Jähriger Jungspund übernahm und zum Vizetitel führte, dem VfB Stuttgart (Meister 92), vor allem aber auch in der Türkei, wo er privat und beruflich vielleicht seine schönste Zeit verbrachte. Zuerst Besiktas, später Fenerbahce führte er zum Meistertitel. Der Verehrung, ja Liebe in Istanbul überwand sogar die Grenzen der beiden Erzrivalen.
Doch ist die Trainer-Karriere unvollständig und voller Brüche. Allen voran ist da natürlich die Kokain-Affäre zu nennen, die letztlich verhinderte, dass Daum Bundestrainer wurde. Das falsche „Ehrenwort“ verfolgte ihn vor allem in Deutschland lange Zeit. Dass kurz zuvor sein damaliger Club Bayer Leverkusen mit einer Niederlage gegen Unterhaching am letzten Spieltag die Meisterschaft verspielte und zum dritten Mal nur Vizemeister wurde, passte im Nachhinein ins Bild. Seine Tränen darüber gingen wohl jedem Nicht-Bayern-Fan zu Herzen. Umso schöner für ihn, dass er im Mai, vom Krebs schon gezeichnet, mit den Leverkusenern auf dem Rasen der BayArena die Meisterschaft feiern durfte, sein letzter großer Auftritt in der Öffentlichkeit.
von Münchner Löwe | Aug 13, 2024 | Fußball
Hanseat und Weltbürger
RIP, Willi Lemke
Eine sehr traurige Meldung lief heute über die Nachrichtenticker und das Netz. Willi Lemke, die prägende Figur des SV Werder Bremen, ist heute, 6 Tage vor seinem 78. Geburtstag, gestorben.
Er war Anfang der 80er-Jahre als Werder-Manager Iniator des Aufstiegs des SV Werder von einer grauen Bundesliga-Maus, ja -Absteiger ´81, zu einem deutschen Spitzenverein mit zwei in Bremen absoluten Kulttrainern. Erst Otto Rehagel, danach Thomas Schaaf. Drei Meistertitel, 5 Pokalsiege (darunter das Double 2004) und als internationaler Höhepunkt 1992 der Sieg im Europapokal der Pokalsieger durch ein 2:0 im Finale über die AS Monaco fallen in seine Ägide als Manager und Vorstandsmitglied. Und auch den Nicht-Werderanern ist so manches „Wunder an der Weser“ in Erinnerung geblieben, unglaubliche Aufholjagden in Europapoal-Rückspielen im nasskalten Weserstadion unter Flutlicht, gegen Anderlecht etwa und gegen den BFC Dynamo..
Willi Lemke war ein streitbarer Geist, immer auf der Seite der vermeintlich Schwachen, zun denen er selbstredend seine Werderaner zählte. Unvergessen die öffentlich ausgetragenen Wortgefechte, gerne auch über Dritte, des bekennenden SPD-Mitglieds gegen Bayern-Manager Uli Hoeneß, sehr der CSU zugeneigt. Ein Klassenkampf at its best, hochgejazzt von den Medien als Partienkampf. Hoeneß konnte ihm lange nicht verzeihen, er fand viel spätere seinen Frieden mit ihm als etwa mit Christoph Daum, mit dem er ähnliche Gefechte zum Teil unter der Gürtellinie austrug.“Letztlich haben wir zueinandergefunden“, sagte Hoeneß in einer ersten Stellungnahme. „Er hat die Bundesliga sehr bereichert.“ Letztlich waren sie bei allen Unterschieden Brüder im Geiste.
Lemke, früher Schülermeister in einer Leichtathletik-Sprintstaffel und später fanatischer Marathon-Mann, war auch international anerkannt. Den Ritterschlag erhielt er 2008, als ihn der damalige UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon zum Sonderbotschafter Sport ernannte, eine Tätigkeit, die er mit viel Elan nachkam.
Als SPD-Politiker war er Bildungssenator in Bremen und bewarb sich sogar als Bürgermeister. Eine partei-interne Stichwahl verlor er allerdings. Danach war er noch Innen- und Sportsenator.
Besonders betroffen sind neben seiner engen Verwandten, er war in zweiter Ehe verheiratet und hinterlässt insgesamt 4 Kinder, vor allem seine Werderaner. „Die grün-weiße Welt steht still“, schrieb der Bundesligist.
Der Tod kam überraschend. Er starb an den Folgen einer Hirnblutung, wie der Verein bekannt gab.
von Münchner Löwe | Feb 20, 2024 | Fußball
Eine sehr traurige und für mich völlig überraschende Meldung ereilte uns diese Nacht. Andy Brehme ist im Alter von nur 63 Jahren gestorben, offenbar wegen akuten Herzversagens. Nichts hatte sich angekündigt, noch vor einem Monat fand er ergreifende Worte für Franz Beckenbauer, der sein Teamchef war, als Deutschland 1990 den Weltmeister-Titel errang. Brehme ist der erste deutsche Weltmeister, der von uns gegangen ist.
Und dieses Endspiel in Rom, ein ziemliches Gewürge gegen ein ultra-defensives Argentinien, wird immer mit dem Namen Andi Brehme verbunden bleiben. Als es nach einem, nunja, Foul an Rudi Völler Elfmeter gab, schritt er zur Tat, weil er sich im Gegensatz zu Kapitän Lothar Matthäus sicher fühlte. Und gegen den Strafstoßkiller Sergio Goygochea vewandelte er ganz sicher: hart, platziert ins linke untere Eck.
Doch Andy Brehme täte jeder bitter Unrecht, reduzierte er ihn auf diesen Elfmeter. Das ganze Turnier in Italien war das Seine, es war ja auch quasi ein Heimspiel für ihn, der gerade seine beste Fußballzeit bei Inter Mailand in der Serie A erlebte. Im Achtelfinale gegen Holland in „seinem“ Mailänder San-Siro, diesem fulminanten Spiel mit Rijkaards Spuckattacke gegen Rudi Völler und dem folgenden Doppel-Rot, war es sein grandioser Schlenzer etwa zehn Minuten vor Schluss ins lange Eck, der die Vorentscheidung brachte. Und im Halbfinale gingen die Deutschen durch seinen grotesk grotesk abgefälschten Freistoß gegen England in Führung, der sich per unhaltbarer Bogenlampe hinter Keeper Peter Shilton ins Tor senkte. Und es versteht sich, dass er im notwendigen Elfmeterschießen seinen Versuch sicher verwandelte.
Brehme war so etwas wie das Lieblingskind von Beckenbauer, von allen Abwehrspielern kam er mit seiner fantastischen Technik der Leichtigkeit des Kaisers am nächsten. Mir fällt auch nach längerem Überlegen kein (nicht nur) deutscher Spieler ein, der mit beiden Füßen gleichermaßen so begabt war.
Sein Herzensverein neben Barmbek Uhlenhorst war für den Hamburger Jung der 1. FC Kaiseslautern, wo er als Profi durchstartete. Unvergessen sind für mich die Bilder nach dem Abstieg der Roten Teufel 1996 (er war nach seiner Erfolgskarriere in München und Mailand in die Pfalzzurückgekehrt), als er nach dem entscheidenden Spiel gegen Bayer Leverkusen wie ein Schlosshund heulend in den Armen von Bayer-Stürmer Rudi Völler lag. Da zeigte einer in der Niederlage echte Trauer und einer im Erfolg keinerlei Triumphgeste, sondern echtes Mitgefühl. Echte Freude blieben Brehme und Völler – bis zuletzt.
Umso schöner für Brehme, dass er mit den Lauterern noch die bisher einmalige Erfolgsgeschichte schreiben durfte. Sofortiger Wiederaufstieg und dann als Aufsteiger die Meisterschaft. Er war da nicht mehr der Hauptakteur, aber immer mit all seiner Klasse ein wichtiger Helfer, wenn ihn Trainer Otto Rehagel brauchte.
Ruhe in Frieden, Andy Brehme. Schöne Worte fand Walter Zenga, der Torwart der so erfolgreichen Inter-Mannschaft. „Ciao amico mio, das hättest du mir nicht antun dürfen, das hättest du uns allen nicht antun dürfen“, schrieb er auf Instagram: „Du bist zu früh weggegangen, mein Freund, aber ich weiß, dass du uns von oben beschützen wirst. Und wie immer wirst du dort stehen und die Elfmeter schießen, einen mit dem Rechten und einen mit dem Linken…“
https://www.sport1.de/news/fussball/champions-league/2024/02/inter-trauert-um-brehme-emotionale-worte-von-zenga
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