Deutsches Wembley reloaded?

Lange war es eher Spielerei, vielleicht sogar Spinnerei. Aber jetzt ist ein deutsch-deutsches Champions-League-Finale nicht mehr unwahrscheinlich. Wie 2013. Wieder in Wembley. Und wieder Bayern gegen Dortmund. Hier ein kleiner Überblick über die Viertelfinals und danach ein Ausblick auf die Halbfinals

Bayern – Arsenal 1:0 (Hinspiel 2:2)
Es war schon ziemlich beeindruckend, wie abgeklärt die Münchner die Hürde Arsenal genommen haben. Ohne unnötiges Risiko, dafür mit sehr starken Außen rechts wie links. Der für die Londoner offenbar ziemlich überraschende Kniff von Trainer Thomas Tuchel mit Mazraoui und Guerreiro auf der linken Seite ist voll aufgegangen. Und rechts zeigte Joshua Kimmich vielleicht seine beste Saisonleistung und sein brachialer Kopfball brachte dann auch die Entscheidung.
Die Londoner enttäuschten mich auf der ganzen Linie, als wollten sie unbedingt ihren Ruf bestätigen, dass sie auf dem Festland nur halb so gut spielen. Sie hatten letztlich keine echte Torchance, ein Kai Havertz hing völlig in der Luft. Und es gab kein Aufbäumen. Es war insgesamt bei nasskaltem Wetter kein Fußballfest, aber ein hochverdienter Sieg der Münchner.

Manchester City – Real Madrid i. E. 2:4 (3:3)
Es war kein Fußballspektakel wie im Hinspiel, aber jederzeit hochklassig mit insgesamt großartigen Verteidigern. Da passt es irgendwie dazu, dass ein verteidiger, der deutsche Nationalspieler Antonio Rüdiger, den entscheidenden Elfmeter für Real verwandelte. Die Madrilenen beschränkten sich darauf, ihr Tor sauber zu halten, erst recht nach ihrer ziemlich überraschenden Führung. Das gelang insgesamt vorzüglich; ganz ausschalten kann man eine Surm-Maschine wie City natürlich nicht. 34:8 lautete letztlich das Torschussverhältnis, aber Reals ukrainischer Torwart Luninbrauchte keine wirklichen Heldentaten, um weitere Gegentreffer zu verhindern.
Der zuletzt so kritisierte Erling Haaland spielte nur etwas besser als im HInspiel, er wurde vor der Verlängerung gegen Alvarez ausgewechselt. Im Elferschießen fehlte also ein sicherer Schütze, aber als solcher galt Bernardo Silva auch, bevor er in jämmerlicher Art und Weise scheiterte. Also darf mal wieder Real jubeln.

Dorussia Dortmund – Atlético Madrid 4:2 (1:2)
Mit einem spektakulären 4:2 haben sich die Borussen für die Runde der besten 4 qualifiziert, wer hätte das vor der Saison gernsthaft geglaubt auch angesichts der Todesgruppe“ mit PSG, AC Mailand und Newcastle United. Die Partie war ein Auf und Ab. 2:0-Führung der Dortmunder durch Brand und Maatsen, schneller Ausgleic h von Atlético nach der Pause und ein fulminanter Endspurt der Borussen, der durch Tore von Nilas Füllkrug per unnachahmlichen Kopfball und dem wieder überragenden Marcel Sabitzer belohnt wurde. Am Ende war dannn auch die wirklich tolle Stimmung zu hören, die ich vorher bei Dauergesängen arg vermisst habe

FC Barcelona – PSG 1:4 (2:1)
Die entscheidende Szene geschah bereits nach 28 Minuten, als Barcas Verteidiger Araujo nach Notbremse die Rote Karte sah. Bis dahin hatte der FCB die Partie beherrscht und lag mit 1:0 in Führung. Die Pariser sahen ihre Chance und drehten die Partie. Demélé traf noch vor der Pause zum Ausgleich, nach dem Wechsel trafen Vitinha und zweimal Mbappé gegen ein sich auflösendes Barca. Es bleibt müßig zu spekulieren, was ohne den Platzverweis geschehen wäre, und es hat ja auch schon Vereine gegeben, die mit einer Unterzahl umgehen konnten. Für Trainer Xavi wirds ein trauriger Abschied nach der Saison wohl ohne Titel. Am Samstag steht der Clasico gegen Real an, die letzte Chance im Meisterschaftskampf

Ausblick aufs Halbfinale
Die Partien und Termine stehen bereits fest.
30.4./08.5.: Bayern – Real
01.5./07.5.: BVB – PSG

Ich kann bei beiden Partien keinen echten Favoritn erkennen. Vielleicht ist es der kleine entscheidende Nachteil für Bayern und Dortmund, dass sie zu Hause das erste Spiel haben. Gerade Real kann in einem Rückspiel im Bernabeu schon ein nettes Feuerwerk entfachen. Und der BVB  hat sicher davon profitiert, die entscheidenden Minuten im Dortmunder Hexenkessel und nicht in dem von Atlético bestreiten zu dürfen. Andererseits kann man auswärts auch ein eher ungünstiges Ergebnis drehen wie Real in Manchester und vor allem PSG in Barcelona. Wobei hier anzumerken ist, dass Barca sich im Olympiastadion (das Nou Camp wird umgebaut) nicht wirklich heimisch fühlt.

Es kann also alles passieren: Jedes Team kann den Henkelpott gewinnen, aber auch im Halbfinale ausscheiden. Ein rein deutsches Finale ist genauso möglich wie eines ohne deutsche Beteiligung.

Eines aber zeichnet sich auf jeden Fall ab durch das englische Doppel-Aus. Deutschland wird ziemlich wahrscheinlich den zweiten Platz der Nationenwertung hinter Italien belegen, weshalb auch der 5. Platz in der Bundesliga für die Champions League startbechtigt wäre. Dortmund kann die Bundesliga also etwas entspannter angehen. Übrigens: Gewinnt der BVB die CL und wird Fünfter, würde dann auch der 6. Platz der Bundesliga reichen. ME dem Guten einiges zu viel, so sehr ich den Geldsegen dem betreffenden Verein gönnen würde.

Und noch ein Letztes: Durch das Aus von Arsenal steht jetzt schon fest, das RB Salzburg nächstes Jahr an der hochdotierten Club-WM teilnehmen darf.

Was für ein Fußballspiel – eine Hommage

Die Erwartungen an das Premier-League-Spiel zwischen dem FC Liverpool und Manchester City waren schon enorm. Meisterschaftsduell und noch dazu vielleicht die letzte Begegnung der die Fußballwelt im vergangenen Jahrzehnt extrem prägenden Trainern Jürgen Klopp und Pep Guardiola.

Und was passierte? Ein fanrtastisches Fußballerlebnis mit allem, was dazugehört. Gänsehautstimmung, elektrisierende Spannung von der ersten bis zur letzten Minute. Grandiose Einzelleistungen, Aussetzer, wunderbare Verteidigungen. Bestes Anschauungsmaterial, um irgendjemanden zu erklären, warum ihr dem Fußball frönt. Und dann als Thrill, wie es sich zuz einem guten Drehbuch halt gehört, am Ende eine mehr als strittige Entscheidung. Elfer oder nicht für Pool. Der Schiri sagte nein nach Konsultation des VAR.  Für mich war der Tritt des City-Verteidigers strafstoßwürdig, aber der Schiri wollte diese rassige Partie halt aktiv nicht entscheiden: Und noch eine Pointe.Ansonsten zeigte Mr. Oliver eine vorzügliche Leistung Wenn Pool und City sich streiten, freut sich der Dritte, nämlich der FC Arsenal, der jetzt die Tabellenführung innehat knapp vor Liverpool und ManCity.Es geht weiter mit viel Spannung: in drei Wochen trifft City auf Arsenal.

Natürlich gab es auch Helden: tragische wie Liverpools Stürmer Luis Diaz, der ein unglaubliches Pensum absolvierte, aber im Abschluss eher unglücklich agierte. Oder City-Torwart Ederson, der nicht nur den Elfmeter zum Ausgleich nicht nur durch eine überflüssige Aktion verursachte, sondern sich dabei auch noch verletzte und ausgewechselt werden musste. Sein Vertreter Stefan Ortega, aus der Bundesliga wohlbekannt, machte seine Sache hervorragend. Er und noch mehr der fantastische Verteidiger Kyle Walker, an dem ja die Bayern vor der Saison so baggerten, retteten letztlich das Remis. Die packenden Duelle Diaz vs Walker waren allein das Zuschauen wert.

Letztlich kann Jürgen Klopp trotz des Ärgers über den verweigerten Elfmeter („Was hat der denn im Kaffeee gehabt?“)mit dem Punkt zufrieden sein. Unglaublich, welche Spieler er bei der Verletztenflut der Reds (u. a. fehlten Alisson, Trent Alexander Arnold, Diogo Jota, Konaté und Thiago) aus der eigenen Jugend ausgegraben hat. Ein Quansah, ein Eliot, ein Bradley spielten fast fehlerfrei, dabei mutig und abgeklärt. Guardiola dagegen zeigte durch eine grandiose Variante, dass man Eckbälle sehr wohl trainieren kann. Nicht nur die flache Hereingabe von Kevin de Bruyneauf John Stones überraschte die Pool-Abwehr, entscheidend war das perfekte Freiblocken von Ake, der die Verteidger neutralisierte.

Was bleibt, sind durchweg positive Erinnerungen an ein fantastisches Fußballspiel. Und auch ein bisschen Wehmut, dass Klopp erst mal dem Fußball Lebewohl sagt. Apropos: Ich hätte absolut nichts dagegen, wenn er auch aus den zig Werbespots verschwinden würde; was zuviel ist ist zuviel.

Die Fans mit ihrem infernalischem Lärm, aber Gott sei Dank aktionsabhängig und nicht nur monotones Singen, hatten erheblichen Anteil daran, dass dieses Spiel zum Spektakel wurde. Und Anfield zeigte, dass „Youll never walk alone“ hier zu Hause ist und nur hier und vielleicht noch im Glasgower Celtic Park. Immer wieder tatsächlich Gänsehaut, sogar an einem PC.

Gut eine Stunde danach der deutsche Kontrapunkt. Bayer Leverkusen gegen VW, äh, VfL Wolfsburg. Nur eine Mannschaft, angreifen will. Aber wenig inspiriert trotz aller Klasse schienen die Leverkusener mir. Dienst nach Alonso-Vorschrift. Schön, dieses Ballkreiseln, aber wenig Zug zum Tor. Eines fiel dann doch nach einer wunderbaren Kombination. In der 2. Halbzeit dasselbe Bild, vielleicht mit noch weniger Tordrang. Und der VfL? Eine makaber schlechte Leistung. Okay, gut verteidigt, aber was Eigenes, gar was  Produktives? Bestenfalls Ansätzchen, aber nie zwingend. Der DAZN-Reporter brachte es auf den Punkt: Der VfL spielt, als würde er noch auf ein Rückspiel hoffen. Man akzeptierte also die knappe Niederlage, und erst der fulminante Direktschuss von Florian Wirtz brachte wenigstens noch ein bisschen Leben in die eingeschlafene Partie.