Das war die Woche, die war

In dieser Rubrik picke ich völlig subjektiv sportliche Begebenheiten aus, die vielleicht im Wust der Sportwelt untergegangen sind oder es Wert sind, kommentiert zu werden.

Abgang der Superstars

Die Brasilianerin Marta, die kanadische Olympiasiegerin Christine Sinclair und Megan Rapinoe aus den USA, drei Ikonen des Frauenfußballs, sind mehr oder weniger glanzlos von der großen Fußballbühne verschwunden. Ihre Verdienste für den Frauenfußball sind nicht hoch genug einzuschätzen; Marta war vielleicht der erste internationale Superstar, der viele Mädchen auf der ganzen Welt fürs Fußballspielen inspiriert hat.

Rapinoe verabschiedete sich mit einem veritablen Fehlversuch im Elfmeterschießen gegen Schweden. Sie lächelte danach – und erntete einen veritablen Shitstorm. Es darf bezweifelt werden, dass dieser rein sportlich motiviert war. Vielmehr hat Rapinoe, die so klar gegen den Trumpismus Stellung genommen hat wie kaum eine andere Sportlerin, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten zahllose Feinde, die jetzt ihr Mütchen kühlen konnten. Ich hoffe, sie wird sich nicht beirren lassen und weiter klar und deutlich ihre Meinung kundtun.

Eine Glanzleistung

Was für ein Parforceritt von Mathieu van der Pool beim Straßen-WM-Rennen in Glasgow. Im Alleingang distanzierte dfer Holländer die Konkurrenz, und nicht einmal ein Sturz konnte ihn aufhalten. Blutverschmiert und mit zerfekten Trikot war er auf dem verwinkelten Kurs der Erste und krönte eine für ihn märchenhafte Saison: Weltmeister im Cross und die grandiosen Erfolge bei den Monument-Klassikern Mailand-San Remo sowie Paris-Roubaix. Die Tour wird er aufgrund seiner Schwäche im Hochgebirge wohl kaum gewinnen, doch er ist ein ganz Großer. Groß war auch die Cottbuserin Emma Hinze, die sich auf der Bahn im Teamsprint mit Weltrekord (gemeinsam mit Pauline Grabosch und Lea Sophie Friedrich) und im 500-m-Einzelzeitfahren Gold sicherte.

Das Comeback der Simone Biles

Bei Olympia 2021 zog sie sich weitgehend zurück, holte „nur“ Bronze statt der zig Goldmedaillen, die alle Welt von der brillanten Turnerin erwartet hatte – die Nerven spielten nicht mehr mit. Klassischer Fall von Burnout; sie war auch eines der Opfer in der unappetitlichen Missbrauchsaffaire im US-Turnen. Doch jetzt, nach gut zwei Jahren Pause und frisch verheiratet mit dem Football-Profi Jonathan Owens, meldete sie sich eindrucksvoll zurück und gewann den Mehrkampf. Es war nur eine nationale Ausscheidung, und man muss sehen, wie sie mit dem jetzt wieder steigenden Erwartungsdruck zurechtkommt. Noch ließ sie offen, wie ihr Weg weitergeht. Doch auf jeden Fall hat sie die Klasse, bei den anstehenden Wettbewerben wie die WM in Antwerpen dieses Jahr und bei Olympia 2024 ein gehöriges Wort mitzusprechen. „Die Fans lieben mich noch immer, und das erwärmt mein Herz“, macht sie Hoffnung auf weitere Großtaten.

Wenn das Wasser krank macht

Als ob ein Triathlon-Wettbewerb nicht schon schwer genug wäre: Gleich 57 Athleten klagten nach einer Veranstaltung in Sunderland über Übelkeit und Durchfall. Das Wasser war offenbar verseucht. „Ich fühle mich seit dem Rennen ziemlich mies, aber ich schätze, das passiert, wenn man in Scheiße schwimmt“, schrieb der Australier Jake Birtwhistle ziemlich drastisch.

Auch in Paris mussten sich die Veranstalter der schlechten Wasser-Qualität beugen. Die Olympia-General-Probe der Freiwasserschwimmer fiel ins Wasser. Zu viel Regen hatte die Seine in eine gesundheitsgefährdende Kloake verwandelt.

Ärger der Woche (angelehnt an den sonntäglichen Stammtisch im BR und andere)

Wenn die Fußballer Pause machen – es gibt immer noch Ignoranten, für die die Frauen-WM noch nicht einmal Methadon ist – erfreuen uns die Gerüchte von tatsächlichen oder vermeintlichen Transfers über Summen, die unser Vorstellungsvermögen überfordern (700 Millionen für Mbappe?!). Doch irgendwann ist es dann auch gut, und meine Geduld in Sachen Harry Kane von den Tottenham Hotspur, den die Bayern so gerne haben wollen, ist mittlerweile erschöpft. Ich kann das mit angeblichen Ultimaten, immer noch höheren Offerten und nichtssagenden Deutungen von tatsächlichen oder vermeintlichen Experten nix mehr hören.Ich persönlich halte es ohnehin für Irrsinn, die kolportierten 100 Millionen+ Euro für einen noch so begabten Stürmer auszugeben, den man im nächsten Jahr kostenlos haben könnte. Warum probieren sie es diese Saison nicht mit ihrem Supertalent Tel und dem altgedienten Choupo-Moting und investieren das Geld nicht in einen Sechser, den Trainer Thomas Tuchel ohnehin einfordert? Aber mittlerweile ist das Gerangel auch ein persönlicher Wettstreit voller Eitelkeiten auf beiden Seiten (Hoeneß, Rummenigge bzw Levy), in dem offenbar niemand sein Gesicht verlieren will und sei es betriebswirtschaftlich gesehen noch so sinnlos. Aber wahrscheinlich darf man dem Fußball und auch andere Sportarten nicht mit Vernunftsargumenten kommen. Oder warum protzen die LA Lakers damit, dass sie sich mit dem verletzungsanfälligen Anthony Davis und auch schon 31-jährigen vorzeitig auf eine vorzeitige Vertragsverlängerung ab 2025 geeinigt haben, die ihm drei Jahre jedes Jahr 62 Millionen Dollar per anno (Rekord für die NBA!) garantiert.

Freude der Woche

Erst im Winter gab die Hallen-Volleyballerin Louise Lippmann ihren Wechsel zum Beach bekannt und versucht sich seitdem mit der Spezialistin Laura Ludwig, Olympiasiegerin 2016 und mittlerweile zweifache Mama.. Es ist eine gewaltige Umstellung. Sand anstatt fester Boden und beim Beachvolleyball ist man viel mehr gefordert. Gerade bei der Annahme, in der Halle für sie kein Thema, ist sie jetzt viel mehr involviert und offenbarte auch noch gewisse Schwächen. Doch bei der EM in Wien zeigte Lippmann ihre Fortschritte und spielte ihre Größe und Klasse am Netz aus, und das Paar sicherte sich Bronze. Ein wichtiger Schritt in Richtung Olympia-Qualifikation. Wenn es blöd läuft, steht dem deutschen Verband nur ein Startplatz zu. Insbesondere der Sieg im Achtelfinale über das vermeintlich beste deutsche Paar, Svenja Müller und Cinja Tillmann, immerhin WM-Dritte im vergangenen Jahr, ließ aufhorchen. Im Halbfinale mussten sich sich den späteren Schweizer Europameisterinnen Tanja Hüberli und Nina Brunner nur ganz knapp geschlagen geben. „Bronze scheint ein wenig wie Gold“, sagte Lippmann nach der Partie mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Ludwig ergänzte: „Ich habe Gänsehaut. Wir hatten harte Wochen und Monate. Ich bin so stolz.“

Ausblick für diese Woche

Frauen-WM Halbfinale, Pokal Männer, 1. Runde, CL-Qualifikation, 3. Runde Hinspiele unter anderem morgen mit der Partie Sturm Graz vs PSV Eindhoven und die Masters-Turniere im Tennis in Toronto (Männer) und Montreal bei den Frauen sind zu beachten. Außerdem die Rad-WM in Glasgow mit unzähligen Entscheidungen. Bemerkenswert: Hier wird Inklusion groß geschrieben; es starten auch (seh)behinderte Sportlerinnen und Sportler.