Das wird die Woche, die wird

Im Blickpunkt stehen: Nordische Ski-WM, Achtelfinale im Europapokal, Hallen-Leichtathletik-EM und Bob/Skeleton-WM (wers mag)

 

Ab auf die Großschanze

 

Die zweite Woche der Nordischen Ski-WM in Trondheim beginnt heute, und jetzt kommt die umgebaute Großschanze zu ihrem Recht, nachdem sich die Skispringer am kleinen Bakken abgearbeitet haben. Gleich 4 Wettbewerbe gibt es noch, das Mixed morgen (je 2 Frauen und Männer), das Einzel bei Frauen und Männern (Freitag und Samstag) sowie das Team der Männer am Donnerstag.
Nachdem es für die deutschen Springerinnen und etwas überraschend auch für Andreas Wellinger Medaillen gab, sind die Erwartungen hoch. Im Mixed könnte (wie von der Normalschanze erneut Bronze herausschauen hinter den Favoriten Österreich und Norwegen. Im Einzel hat vor allem Selina Freitag gute Chancen, ihre Medaillenbilanz aufzuhübschen, hier ist das Feld ziemlich offen.
Bei den Männern führt der Titel im Team nur über Österreich (alles andere wäre nach dieser Saison auch eher ein Witz). Die Deutschen um Andi Wellinger haben im Medaillenkampf mit Norwegen (eher weniger) und Slowenigen (schon mehr) durchaus Potenzial, allerdings nur mit einem verbesserten Pius Paschke, der seine Form völlig verloren hat und auch noch gesundheitlich angeschlagen war.

Bei den Langläufern gehen die norwegischen Festspiele aller Voraussicht nach weiter. Es gibt heute die beiden Einzel über 10 km klassisch, die in Intervallstarts vor sich gehen (so wie es früher gang und gäbe war). Das hat durchaus seinen Reiz. Hier könnte auch die größte Chance der Deutschinnen auf eine Einzelmedaille (Victoria Carl, Katharina Hennig) liegen.
Spektakel ist bei den Staffeln zu erwarten, jeweils 4x 7,5 Kilometer. Die Streckenlänge ist jeweils Premiere, bisher liefen die Frauen 4×5 und die Männer 4×10 Kilometer.
Abschluss sind dann bei den Langläufern die beiden 50er diesmal im Freien Stil, die die Frauen erstmals bei einer WM in Angriff nehmen (bisher 30 km). Hier sehe ich niemanden, der Therese Johaug das Wasser reichen könnte, aber die Streckenlänge ist doch ziemliches Neuland, und die Frage ist natürlich auch, wer am Ende der Titelkämpfe noch die meisten Körner hat.

Schließlich noch die Kombinierer. Die Frauen haben ihr Programm schon beendet, die Männer bestreiten noch Team und Einzel von der Großschanze/4x5km bzw 10 km je nach Gundersen). Wieder werden aller Wahrscheinlichkeit nach Norweger, Deutsche und Österreicher sämtliche Medaillen unter sich ausmachen, wobei ich Jarl Magnus Riiber herausheben würde.

 

Bayern vs Bayer – Kampf um die deutsche Machtposition

 

Sorry für den etwas martialischen Titel, aber im innerdeutschen Duell geht es schon um sehr viel. Gerade für die Münchner: Nachdem sie die 2024 (an Bayer Leverkusen) verlorene Meisterschaft aller Wahrscheinlichkeit wieder zurückerobern (die Pflicht), steht jetzt die Kür an. Die dieses Jahr allerdings schon fast zur Pflicht ausgerufen wurde, weil das Endspiel in der heimischen Arena ausgetragen wird. Ein Scheitern im Achtelfinale ist da eigentlich verboten, erst recht gegen Bayer Leverkusen. Aus dem Finale dahoam könnte gar ein Albtraumfinale dahoam werden, wenn Bayer (oder gar Borussia Dortmund) dort den Titel holen würde. Man frage Bayern-Fans, wie es ihnennach dem Münchner Finale 1997 (damals noch im Olympiastadion) erging, als der BVB gegen Juve triumphierte.
Das Endspiel ist natürlich noch Ziukunftsmusik, aber das Kräftemessen Bayern vs Bayer macht schon (auf beiden Seiten) den Unterschied zwischen okayer und guter Saison aus. Einen Favoriten kann ich nicht erkennen, auch wenn Bayer mit Trainer Xavi Alonso in bisher 5 Treffen mit den Münchnern noch ungeschlagen ist. Die Leverkusener wirken mannschaftlich geschossener, doch die Münchner haben insgesamt die besseren Einzelspieler.
Was den Deutschen Bayern vs Bayer, ist den Madridern das Stadtderby Real vs Atlético. Real ist in der Champions League so etwas wie die Nemesis für Atlético. Zweimal verloren die Mannen von Trainer Diego Simeone bereits im Endspiel gegen den ohnehin viel prominenteren Kontrahenten. Auch hier sehe ich beide Teams mehr oder weniger auf Augenhöhe, die Formschwäche, die die Königlichen zuletzt in der Liga zeigte, ignoriere ich und verweise auf den imposanten Auftritt in der Zwischenrunde gegen Manchester City, vor allem im heimischen Bernabéu.
Ziemlich im Schatten darf auch Borussia Dortmund sein Glück versuchen, gegen das immer noch relativ unbeschriebene Blatt OSC Lille (ich unterdrücke mit schwerem Herzen Wortspiel des Städtenamens mit dem Olympiaort von 1994). Deer OSC ist in der Vorrunde immerhin Siebter geworden, unter anderem mit Siegen gegen die beiden Madrider Clubs.

Die Ansetzungen im Einzelnen

Di., 18.45: FC Brügge – Aston Villa (Rückspiel:12/03)
Di., 21:00: Borussia Dortmund – OSC Lille (12/03)
Di., 21:00: Real Madrid – Atletico Madrid (12/03)
Di., 21:00: PSV Einhoven – FC Arsenal (12/03)
Mi., 18:45: Feyenoord – Inter (11/03)
Mi., 21:00: FC Bayern – B. Leverkusen (11/03)
Mi., 21:00: Benfica – FC Barcelona (11/03)
Mi., 21:00: PSG – FC Liverpool (11/03)

 

Im Schatten der Königsklasse gehen aber auch Europa und Conference League ins Achtelfinale. Eintracht Frankfuert hat in der EL die interessante und machbare Aufgabe Ajax Amsterdam vor der Brust. Außerdem ist vor allem die PartieReal Sociedad vs Manchester United zu beachten. Für United die letzte Chance, eine ansonsten katastrophale Saison noch zu retten, nachdem das Team auch im FA Cup zu Hause gegen Fulham (und dem deutschen Elfertöter Bernd Leno) ausgeschieden ist.
Die Conference League ohne deutsche Beteiligung, dafür mit österreichischer. Rapid Wien als letzter internationaler Austria-Vertretergekommt es (zunächst auswärts) mit Banja Luca zu tun, das klingt machbar.

 

Ogunleye will nächsten Titel

 

Gleich 37 StarterInnen entsendet der deutsche Leichtathletik-Verband zu den am Freitag beginnenden Halleneuropameisterschaften in Apeldoorn, bisher eher bekannt für seine Rad-Wettbewerbe. Eine der größten Gold-Hoffnungen ist Kugelstoß-Olympiasiegerin Yemisi Oguleye, die zuletzt mit der persönlichen Bestweite von 20,27 Metern aufwartete und sich an die europäische Spitze setzte. Als weitere Medaillenkandidaten gelten Weitspringerin Maleike Mihambo und Dreispringer Max Heß, die beide sogar die Weltjahresbestenliste anführen. Im Weitsprung geht es übrigens wieder nach konventionellen Regeln, es muss also der Balken möglichst genau getroffen werden.
Die holländischen Gastgeber hoffen auch die fantastische 400-Meter-Läuferin Fenmke Bol, in der Halle notgedrungen ohne Hürden unterwegs. Aus internationaler Sicht wird der Doppel-Auftritt von Jakob Ingebrigtsen und der ewartbare Höhenflug der Ukrainerin Jaroslawa Mahutitsch bemerkenswert – sowie natürlich die Flugshow von Mondo Duplantis, der den Weltrekord mit dem Stab kürzlich in Clermont-Ferrond auf 6,27 verbessert hat. Der Schwede hat noch einige Luft nach oben im Wortsinn.
Wer das Ganze im Fernsehen oder Stream verfolgen will, den verweise ich auf eurovisionsport.com. Eurosport selbst oder gar die deutschen Sender planen offenbar keine Live-Übertragungen, ist ja nur die olympische Kernsportart. Wer allerdings den ORF empfangen kann (über simplitv oder VPN,der ist ist orf on repektive orfsport+ die richtige Adresse mit österreichischem Kommentar, großer und etwas neidischer deutscher Seufzer

 

Bob und Skeleton gut

 

Sehr spät im Winter findet dieses Jahr die Bob- und Skeleton-WM statt. Die Wettbewerbe auf der Olympiabahn in Lake Placid starten am Donnerstag. Insgesamt stehen dieses und nächstes März-Wochenende 7 Entscheidungen an. Bis auf das Skeleton Mixed werden alle Wettbewerbe in 4 Läufen entschieden.
Bob: Frauen Mono (8./9.) und Zweier (15./16.), Männer Zweier (8./9.) und Vierer (15./16. März)
Skeleton: Frauen und Männer (je 6./7.) und Mixed-Staffel (8.).

Im Bob sind in allen Wettbewerben die Deutschen sowie di amerikanischen Gastgeber Favorit, dito im Skeleton. Auch hier sei auf orfsportplus verwiesen, ard und zdf planen zumindest live streams.

 

Und sonst wird jetzt erst mal entfallen und wird vielleicht am Donnerstag/Freitag aktualisiert

 

 

 

 

 

 

Das wird die Woche, die wird

Fußball-Champions-League, viel Wintersport und der Darts-Höhepunkt des Jahres im Ally Pally

 

Vorrunde määndert weiter

 

Es steht der 6. Spieltag der Champions League an, zwei weitere werden noch im Januar ausgetragen. Die Bayern-Hörigkeit hierzulande beweist mal wieder Amazon, das sich als Live Pick der Münchner bei Schachtjor Donezk in der Schalke-Arena ausgesucht hat, obwohl gleichzeitig die viel höherwertigen Partien RB Leipzig vs Aston Villa und vor allem Bayer Levekusen vs Inter stattfinden. Ich will. mich gar nicht lange mit Konstellationen aufhalten zum Weiterkommen oder gar der Top-8-Qualifikation, aber ein Augenmerk gilt sicher dem VfB stuttgart, das am Mittwoch gegen die Young Boys Bern zum Siegen verdammt sind. Es sind wieder klangvolle Duelle dabei wie Atalanta Bergamo vs Real Madrid und Juventus vs Manchester City (Mi.), aber der echte Thrill fehlt mir.
Dies gilt erst recht für Europa und Conference League, die am Donnerstag weiter määndern.

 

Wieder ein Darts-Duell der Lukes?

 

Ich bekenne mich schuldig (oder spricht es für meine Klugheit?): Von der Darts-Saison habe ich wenig bis nichts verfolgt, schon gar nicht per Live-Bilder. Zu viel Angebot ist bei mir manchmal kontraproduktiv, das sehe bzw. nicht-sehe ich auch beim Snooker. Aber die WM im Ally Pally ist fest programmiert, zumal sie im wenig sportlicher Jahreswechselzeit (wir haben ja sonst nichts …) stattfindet; Sie beginnt bereits am Sonntag. Titelverteidiger und erneut (mindestens) Mit-Favorit ist Luke Humphries, der das letztjährige Finale gegen das propere Wunderkind Luke Little für sich entschied. Eine Wiederholung dieses Finales ist allerdings ausgeschloissen, weil die Auslosung die beiden schon im Halbfinale aufeinandertreffen lässt (falls sie soweit kommen …). Der Holländer Michael van Gerwen hat seine schlechteste Saison seit Jahren hinter sich ohne Erfolg in einem großen Turnier.
Eine Handvoll Deutscher ist auch dabei, mal sehen ob Gabriel (Gaga) Clemens seinen Halbfinal-Coup wiederholen kann.

 

Lindsey Vonn finster entschlossen

 

Auch wenn die einstige Speedqueen am Wochenende in Beaver Creek nur als Vorläuferin startet, sind alle Augen auf sie gerichtet. Das Comeback der 40-Jährigen nach langer Pause rückt tatsächlich näher und näher. Ihre Pflicht-FIS-Punkte hat die Amerikanerin am Wochenende in zwei Abfahrten in Copper Mountain geholt. Ihr Rückstand auf die Siegerinnen Mirjam Puchner und Cornelia Hütter war mit etwa eineinhalb Sekunden durchaus im Rahmen. Absurde Erwartungshaltung: Sport1 bezeichnet die Plätze 24 und 27 als „nur“, ist also ernsthaft enttäuscht. Vor allem aber hielt ihr künstliches Kniegelenk. Die Birds of Prey ist mit das technisch Anspruchsvollste, was die Frauen in de Saison an Abfahrt zu bewältigen haben. Vielleicht zu knackig für die ersten Speed Events. Die Männer kehren schon wieder nach Europa zurück bestreiten am Samstag und Sonntag Riesenslalom und Slalom in Val d’Isére.

 

Norwegen auch in der Handball-Halle stark

 

Das Wintersportland ist  auch im Frauenhandball die absolute Nummer 1. Das zeigt Norge gerade bei der EM in Österreich, Schweiz und Holland, wo die Skandinavierinnen bereits sicher im Halbfinale stehen. Dort trifft der klare EM-Favorit auf Frankriech oder Ungarn. Die Deutschinnen schlugen sich gestern in Wien gegen den hohen Favoriten achtbar, waren aber beim 27:32 letztlich chancenlos. Mit einem Sieg morgen gegen Slowenien könnte das Team wenigstens Platz 7 erreichen, die Medaillen und auch das Spiel um Platz 5 sind schon außer Reichweite.

 

Offizielle WM-Gastgeber-Krönung vom Alleinherrscher

 

Am Mittwoch ist es dann auch offiziell: Dann werden in einem, in einem einzigen Online-Voting die Gastgeber für die Fußball-WMs 2030 und 2034 auch offiziell fixiert. Also das absurde 6-Länder-Turnier ’30 mit dem jeweiligen Eispieletrip Uruguay, Paraguay, Argentinien sowie Marokko, Portugal und Spanien. 2034 ist das das geldige Saudi-Arabien zum Sportswashing bereit. Widerspruch gegen diesen Terroristenfreund-Gastgeber gibt es keinen, auch Deutschland schweigt stille und stimmt zu und kassiert Millionen und Abermillionen Blutgeld. Alles hat FIFA-Chef Gianni Infantino brillant eingefädelt, das muss man dem Liebhaber aller Diktatoren (Putin, Trump) lassen. Ich will darob und der erbärmlichen Willfährigkeit der europäischen Verbände nur noch kotzen. Siehe auch

https://blickueberdenteich.de/erbaermliche-entscheidung-erbaermlicher-dfb/

 

Und sonst?

  • Fußball-Bundesliga: Zumindest dem Tabellenstand nach gibt es am 14. Spieltag eine attraktive Partie. Ob aber Wolfsburg vs Freiburg die Fußball-Herzen auch neutraler Anhänger wirklich höher schlagen lässt, wage ich zu bezweifeln. Auf Tabellenführer Bayern München wartet mit Mainz am Samstag durchaus ein trickiges Auswärts-Aufgabe, genau wie Meister Leverkusen in Augsburg. Beendet ist das Fußball-Jahr für Manuel Neuer, der sich bei seiner Ramo-Einlage im Pokal selbst einen Rippenbruch zugezogen hat. Blöd gelaufen. Eintracht Frankfurt ist beim wiedererstarkten RB Leipzig (So., 19.30) zu Gast.
  • Internationale Ligen: In England steht das Stadtderby der beiden schwächelnden Manchester-Clubs City und United an, Wer da erneut verliert, dürfte erst mal ein schweres Leben haben, während der Sieger wenigstens in der Stadt erst mal Ruhe hat. Ansonsten fehlt mir in den großen Ligen der große Schlager.
  • Handball: Bis Montag steht in der HBL ein Doppelspieltag an: Tabellenführer MT Melsungen hat am Mittwoch gegen HSV Hamburg und am Montag in Gummersbach lösbare Aufgaben.  Ungleich schwerer wird es für das punktgleiche Hannover-Burgdorf bei Rekordmeister THW Kiel. Ebenfalls am Montag empfängt die SG Flensburg-Handewitt die Füchse Berlin zum Verfolgerduell.
  • Basketball: Heimspiele in der Euroleague haben Alba Berlin (19.00) vs Partizan Belgrad sowie der FC Bayern vs Maccabi Tel Aviv (20.45). Zum Spitzenspiel Erster gegen Zweiter in der BBL empfängt am Samstag Ratiopharm Ulm die Academics Heidelberg.
  • Wintersport: Weltcup satt unter anderem mit Skilanglauf in Davos ab Freitag, Skispringen in Titisee-Neustadt mit dem Heimspiel fürWeltcupleader Pius Paschke. Die Biathleten und -innen messen sich zu je drei Rennen in Hochfilzen (Sprint, Verfolgung, Staffel. Dies und anderes zu verfolgen diesmal im ZDF (und Eurosport).
  • US Sport: Ab heute das Viertelfinale im NBA Cup unter anderem mit Milwaukee Bucks vs Orlando Magic mit Moe Wagner und Tristan da Silva, aber ohne den verletzten Franz Wagner. Die Oklahoma City Thunder mit Isaiah Hartenstein sind gegen die Dallas Mavericks (Maxi Kleber) Favorit.
    In der NFL steht der 15. Spieltag an: Mal sehen, auf welch absonderliche Art die Kansas City Chiefs diesmal gewinnen bei den Cleveland Browns. Es fehlen noch der Pick 6 oder die Safety in letzter Minute. Der absolute Schlager findet am Sonntagabend (22.25) statt, wenn das beste NFC Team Detroit Lions mit den Buffalo Bills zweitbeste aus der AFC (hinter den Chiefs) empfängt. Allerdings ist der Ausgang für Platzierungen fast irrelevant.

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein Zugeständnis – überflüssig wie ein Kropf

Die UEFA in all ihrer Weisheit hat also zugestanden, dass Marc Cucurellas Handspiel im EM-Viertelfinale ein strafbares Handspiel war. Auf dem ersten Blick ist es ja ehrenhaft, einen Schiedsrichterfehler auch zu benennen, doch insgesamt erscheint mir dieses „Geständnis“ überflüssig wie ein Kropf. Warum jetzt (erst)?, stellt sich mir die Frage, also zweieinhalb Monate nach dem Vorfall? Und warum wird das Kriterium „Torchance verhindert“  plötzlich herangezogen, das nachweislich zu diesem Zeitpunkt laut FIFA (und allein die hat das Regel-Sagen) absolut kein Kriterium war. Das wurde ja allüberall auch heftig kritisiert, aber es zählt meines Wissens nach eben erst vor dieser Saison. Mal ganz davon abgesehen, dass die UEFA in ihrem Statement absolut nichts dazu geäußert hat, ob

a) Niklas Füllkrug bei seiner Kopfball-Vorlage auf den Schützen Jamal Musiala nicht doch wie die Fernsehbilder sehr vermuten lassen, im Abseits stand und
b) Florian Wirtz bei Musialas Schuss nicht im verbotenem passiven Abseits stand, weil er dem Torwart die Sicht nahm, womit das Kriterium „Torchance“ wieder wegfallen würde.

Gerade war die Betrugs-Diskussion abgeflaut, die das Land wochenlang beherrschte. Der Schaum vorm Mund eingetrocknet, bzw. notdürftig abgewischt. Die Wut auf Cucurella vorbei, die mit den micht tiefst beschämenden Pfiffen gegen den spanischen Verteidiger im Halbfinale und Endspiel gipfelten. Die warfen ein armseliges Licht auf die deutsche Nicht-Verlieren-Können-Fankultur (zumindest eines unüberhörbar großen Teils von ihr).
Wie es der Teufel will, gastiert Cucurella mit seinem FC Chelsea am 28. November in der Conference League beim 1. FC Heidenheim, da kann der Boulevard wieder hübsch stänkern gegen die“ Hand Lockes“. Allein die Gleichstellung mit Maradonas klar absichtlichem Hand 1986 ist dermaßen übertrieben und lächerlich. Diesen Vegleich stellten und stellen ja auch vermeintliche Qualitäts-Medien wie spiegelonline an, die Cucurellas Aktion und das Nicht-Ahnen in die Reihe der  größten Fußball-Skandale aller Zeiten auflisten.

Was bleibt: Ein Schiri, der jetzt den Schwarzen Peter inne hat, ohne dass er sich wehren durfte und darf. Ein Verband, der sich wie eine Weide im Wind hin- und herbewegt ohne Sinn und Verstand. Eine wieder aufgebrachte Fußball-Nation Deutschland. Schuld sind ohnehin immer die Anderen.

Insgesamt ein großer Spaß

Endlich wieder ein Fußbal-Großereignis in einem Fußball-Land. Und die Deutschen haben ihre EURO von Beginn an gut aufgenommen, die zahllosen Gäste konnten und durften sich wohlfühlen. Was bleibt übrig, was war vielleicht doch nicht so gut, und wie schaut mein sportliches Resümee aus, nicht nur aus deutscher Sicht.

Das Turnier

Um erst mal mit einem Begriff aufzuräumen. Es war kein zweites Sommermarchen, erst recht kein Sommermärchen 2.0, das sollte es auch nie sein, auch wenn es so viele herbeischreiben und -reden wollten. Märchen gibt es nur einmal, oder haben die Grimms ein zweites Rotkäppchen geschrieben, Anderson eine zweite Meerjungfrau ins Leben gerufen.
Vielmehr war die EURO 2024 ein eigenständiges Turnier, mit der eigenen Geschichte. Unter völlig neuen Bedingungen, denn 2006 tobte nicht ein Krieg fast vor der Haustür. Was nicht heißt, das ich nicht trotzdem fast zwangsläufig Vergleiche ziehe.
Die Organisatoren um Chef Philipp Lahm haben das von vornherein erkannt, und entschieden, dass sie nichts nachahmen wollten und würden, auch wenn 9 der 10 Stadien schon 2006 genutzt wurden – ein Paradebeispiel für nachhaltige Arenen übrigens. Und Lahm selbst wollte nie Franz Beckenbauer sein, dieses Vorhaben wäre eh zum Scheitern verurteilt gewesen. Während der Kaiser omnipresent war, per Hubschrauber es schaffte, auch drei Spiele am Tag zu besuchen, blieb Lahm fast unsichtbar, vielleicht sogar zu viel. Wirklich zur Kenntnis genommen habe ich ihn während des Turniers erst, als er mal zu spät zu einer Partie gekommen war, weil sein Zug steckengeblieben war – ein Schicksal, das er mit so vielen Besuchern teilte.
Die Bahn wurde zum Ärgernis, was vor allem die auswärtigen Anhänger sehr überraschte. 2006 hatte noch alles wie am Schnürchen geklappt. Allerdings hätten die Fans sich zu Hause informieren können, denn fast alle Korrespondenten hatten gewarnt vor dem maroden Bahnnetz und den nie erscheinendenoder vespäteten Zügen. Dass allerdings auch der ÖPNV vielerorts in die Knie gehen würde und die Zuschauer teilweise nicht hin- und zurücktransportieren konnte, überraschte mich dann schon. Wozu wird eigentlich geplant, wenn es dann an Personal und Zügen fehlt. Echt ärgerlich wurde es, wenn wie in München geschehen, die Fans zur Abreise in Busse getrieben wurden, in denen sie dann vollgepfropft eine Stunde stehen mussten, ohne dass der Bus sich auch nur einen Millimeter fortbewegte.
Ansonsten waren die Deutschen großartige Gastgeber für großartige Gäste. Angesichts der gewaltigen Menschenmengen ist wenig passiert; viele hatten gar keine Eintrittskarten und kamen trotzdem erwartungsfroh hierher, um zu feiern. Ein paar Scharmützel, auch einige nationalistische Gesänge, aber alles hielt sich doch sehr in Grenzen. Der Fanmarsch in die Stadien wurde Allgemeingut zum Happening, hier waren die fröhlichen Holländer mit ihrem mit ihrem wiegenden und wogenden Links-rechts-und doch auch nach vorne Tanz eine Klasse für sich. Die nettesten Gäste unter den so vielen netten waren die Schotten, denen es sogar gelang, Münchner Bierkneipen leerzutrinken. Schade, dass sie früh wieder abreisen mussten nach dem für sie allerdings gewohnten Vorrundenaus.
Die UEFA wollte zeigen, wie fortschritllich sie ist. Eintrittskarten auf Papier gab es nicht, alles elektronisch per Handy und Apps, auch für die Zugfahrten. Das klappte auch weitgehend, Und wenn es hakte, halfen die fantastischen Volonteers. Und das im Bargeldland Deutschland, wo in vielen Geschäften elektronisches Zahlen immer noch unmöglich ist. Nehmt Euro mit, lautete dementsprechend eine Reisewarnung in fortschrittlicheren Ländern

Fürs Wetter kann niemand was(naja), aber was da zum Teil an Regen runterkam, war schon bemerkenswert. Und siehe da, es wurden die Grenzen deutscher Baukunst sichtbar. So entluden sich wahre Sturzbäche voller Regenwasser vom Dach des Dortmunder Westfalenstadions auf die Zuschauer. Anders sei der Ausbau architektonisch nicht möglich gewesen, hieß es zur Begründung. Manche flüchteten, manche genossen tanzend das kühle Nass. Ikonische Bilder in schöner Regelmäßigkeit. Erstaunlich gut vertrugen die Rasenflächen das Nass, die Drainage funktionierte einwandfrei; es gab also keine Wasserschlacht wie 1974 in Frankfurt, wo die Bälle dauernd in riesigen Pfützen steckenblieben. Andererseits: Der Rasen in Frankfurt war dennoch eine Katastrophe. Angeblich nicht zu reparieren wegen zweieer Footballspiele letzten  April Novmber.

Und wie war der Sport?

Zum dritten Mal waren es 24 Teams, und diese Aufstockung war durchaus eine Belebung. Gerade die echten Außenseiter wie Albanien und Georgien hatten tolle, unterhaltsame Spiele, weil sie vielleicht nicht ganz so taktisch dachten. Das 24er-Format ist und bleibt allerdings ein Ärgernis, weil es eben keine Zweierpotenz ist, man also mit dem Kunstgriff von vier besten Dritten auf eine solche Zahl kommen muss. Da werden einerseits Äpfel mit Birnen verglichen, andererseits haben die späteren Gruppen einen Riesenvorteil. Wenn schon Erweiterung, dann halt auf 32, die acht zusätzlichen Länder hätten noch mehr Leben, noch mehr Geschichten gehabt. Haalands Norweger seien nur beispielhaft erwähnt.
Ansonsten wurden die Spiele immer taktisch geprägter, je weiter das Turnier fortschritt. Wirklichen Offensivfußball zeigten nur die Spanier und die Deutschen, die das Los dann schon im Viertelfinale zueinanderführte. Sehr gut fand ich die Österreicher unter Ralf Rangnick, die nur mit viel Pech schon im Achtelfinale an den Türken scheiterten. Ein echtes Ärgernis waren für mich die Franzosen und noch mehr die Engländer. Hier heiltigte der Zweck (Weiterkommen um jeden Preis) alle Mittel (Defensive trotz brillanter Offensivkräfte). Weit gekommen sind sie, die Engländer sogar ins Finale, aber Spaß hat das nicht gemacht, dem zuzuschauen. Und gerade England hat in den kurzen Sequenzen von Offensive gezeigt, wie sie eine Defensive knacken können. Sie durften nicht: Wie frustrierend muss das für die Fodens, Bellinghams und Kanes gewesen sein.
Mit Spanien gab es den würdigen Europameister, darüber dürfte es keine zwei Meinungen geben. 7 Siege in 7 Spielen, darunter gegen alle europäischen Weltmeister (Italien, Deutschland, Frankreich). Erstmals auch ein Sieg über den Gastgeber einer EM.
Sehr erfreulich war, wie fair es auf den Spielfeldern zuging. Brutalo-Fouls gab es kaum, auch keine Betrugsschwalben.

Die Stars

Es war kein Turnier des einen Superstars, der alle anderen in den Schatten stellte. Torschützenkönig wurde man mit nur 3 Treffern, den Titel teilten sich gleich 6 Spieler. Die mit den größten Namen enttäuschten meist – aus den unterschiedlichsten Gründen. Kylian Mbappé war durch einen herben Nasenbeinbruch sichtlich gehandicapt, an Cristiano Ronaldo nagt der Zahn der Zeit, Kevin de Bruyne war Sinnbild auf der ganzen Linie enttäuschender Belgier, und Phil Foden Opfer der furchtbaren Defensiv-Taktik der Engländer. Bezeichnend, dass mit Rodri ein Defensivspezialist zum Spiueler des Turniers gewählt wurde, das gibt es äußerst selten.
Spaß gemacht haben dagegen einige Talente, die ihre besten Jahre hoffentlich noch vor sich haben. Hier seien vor allem die Spanier Lamine Yamal und Nico Williams genannt sowie jamal Musiala und Florian Wirtz aus Deutschland. Aufgetrumpft hat oft auch Cody Gakpo, der auffälligste Holländer. Ein tolles Turnier spielte auch der italienische Verteidiger Riccardo Calafiori vom FC Bologna, den ich bisher sehr wenig auf dem Schirm hatte, mea culpa.

Die Schiedsrichter und der VAR

Klar, es gab erstaunliche Entscheidungen, aber im Großen und Ganzen haben die Referees einen guten Job gemacht. Ein Ärgernis ist und bleibt das Handspiel und seine Auslegung und wie unterschiedlich die Nachspielzeit gehandhabt wird. Ein echter Gewinn ist, dass nur noch die Kapitäne protestieren dürfen. Das hat insgesamt gut geklappt, auch weil die Schiris die Regel mit Augenmaß handhabten. Toll, dass das jetzt auch in Europa und Deutschland eingeführt wird.
Hand: Es war natürlich aus deutscher Sicht der größte Aufreger, als der Spanier Marc Cucurela mit abgespreitztem Arm dem Torschuss von Jamal Musiala im Weg stand. Natürlich keine Absicht, aber doch ein klares Hindernis. Nicht wirklich zufreidenstellend war danndie (verspätete) Begründung des Schiedsrichter-Gremiums, Cucurela habe doch versucht, die Hand wegzuziehen. Potenziert wurde der Grad der Erregung, weil die Deutschen im Spiel gegen Dänemark zuvor einen geradezu absurden Handelfmeter nach einer viel ungefährlicheren Situation zugesprochen bekamen, als erst ein Sensor im Ball selbst ermittelte, dass es zu einer Berührung kam. Wie man dieses Problem löst, weiß ich nicht. Der Vorschlag Hand ist Hand wäre zwar klar und ohne Ermessen, hätte aber nur zur Folge, dass die Stürmer versuchen, die hand des Gegners zu treffen. Vielleicht hilft ein Umweg/Sonderweg, in dem man bei heuiklen Situationen nicht gleich Elfmeter geben muss, sondern einen Freistoß.
Sensor im Ball, angeblich punktgenaue Kalibrierung per Computer und künstlicher Intelligenz bei Abseits – die Technik hält vermehrt Einzug. Ob das wünschenswert ist, bleibt dahingestellt, denn die Regeln bzw der Sinn dahinter werden auf en Kopf gestellt wie etwa beim Zehennagel-Abseits eines Dänen vor dem vermeintlichen Führungstor gegen Deutschland oder dem Kniescheiben Nicht-Abseits eines Spaniers gegen England. Romelu Lukaku hieß der belgische Unglücksrabe, dem gleich drei Treffer (wahrscheinlich zu Recht) aberkannt wurden, die mit menschlichem Auge nie im Leben als regelwidrig erkannt worden wären.
Und was die Nachspielzeit betrifft: Ich bin seit Längerem ein großer Anhänger der effektiven Spielzeit, wenn die Uhr also angehalten wird bei Unterbrechungen, entweder bei jeder wie im Basketball oder bei einer längeren wie im Handball. Dort funktioniert das meist einwandfrei, und das Ende des Spiels steht fest und ist nicht im Ermessen der Schiedsrichter, wo der eine acht Minuten gibt und der andere 4 und diese wie im Endspiel sogar pünktlich abpfeift, obwohl die Partie mindestens anderthalb Minuten unterbrochen war.

Analyse der Deutschen

Das Team hat sich gut geschlagen, und die Fans haben ihre Nationalmannschaft wieder lieb. Keine Selbstverständlichkeit, denn  nach dem WM-Titel hat sich das Team mehr und mehr entfremdet von der Wirklichkeit. Und nach desaströsen Auftritten noch im November befürchteten einige gar Fürchterliches. Als absolute Bereicherung seitdem muss die gelungene Wiedereingliederung von Toni Kroos gelten, der sofort meist glänzender Taktgeber war. Für mich am Erfreulichsten, dass die Nagelsmann-Truppe ihr Heil in der Offensive gesucht hat. Nicht ohne Fehler, und manchen fehlte auch schlicht die Klasse. Aber der Coach hat es geschafft, eine Einheit zu formen, und meistens lag er auch mit seinen Pewrsonalien richtig. Wobei wir nie wissen werden, ob nicht ein anderer Torwart oder der erfahrene Abwehrmann Mats Hummels im Kader noch besser gewesen wären. Auf jeden Fall lässt sich auf der Leistung aufbauen, gerade die partie gegen Spanien zeigte, dass man zumindest in einem Spiel mit der Spitze auf Augenhöhe ist. Nagelsmann hat jetzt das Vertrauen verdient, die WM in den USA mit vielleicht brutalem Klima, langen Reisen und dem 48er-Feld hat allerdings viel zu viele Unwägbarkeiten, um jetzt schon irgendwelche Prognosen abzugeben. Sie sollen schön spielen, dann wäre ich persönlich schon zufrieden. Wie weit es dann geht: Schaun mer mal.

 

Verdiente Sieger

Vorbemerkung: In diesem Text gehe ich auf die Finali um die EURO und die Copa ein. Ich plane für morgen noch eine längere Analyse der EM samt EM-Elf. Heute Nachmittag folgt noch der Wochenrückblick mit Hauptaugenmerk Wimbledon und Tour.

Spanien – England 2:1

Keine Frage: Spanien ist der verdiente Europameister: 7 Spiele, 7 Siege. Den Engländern ist letztlich ihr Ergebnisfußball zum Verhängnis geworden.
Die 1. Halbzeit kann ich getrost vergessen. Insgesamt gab es einen einzigen Torschuss beider Mannschaften. Lange krebsten die Engländer bei einem expected goals Wert von 0,02 (wer zum Teufel ermittelt eine 2-prozentige Torchance?).
Umso verheißungsvoller begann die 2. Halbzeit, als Jungstar Nico Williams ein Zuspiel des anderen Jungstars Lamine Yamal verwertete. In der Folge hätte Spanien nachlegen können, vergabn aber einige sehr gute Möglichkeiten, auch weil Englands Schlussmann Jordan Pickford vorzüglich hielt. Mitte der 2. Halbzeit lösten die Briten ihre auferlegten Fesseln, und siehe da nach einer wunderbaren Kombination über Saka und Bellingham traf der eingewechselte Palmer zum Ausgleich. Danach zog sich England für mich völlig unverständlich wieder zurück und ließ die durchaus beeindruckten Spanier wieder zurück ins Spiel. Ich hoffte schon auf eine Verlängerung, doch der eingewechselte Mikel Oyarzabal von Real Sociedad San Sebastian traf nach Zuspiel des erneut ausgepfiffenen Marc Cucurella. Dabei stand der Stürmer hauchzart nicht im Abseits, wie uns zumindest das Computer-Standbild vermittelte. Darf ich glauben oder eben auch nicht. Es folgte ein letzter Ansturm der Engländer, doch spätestens, als Dani Olmo für seinen geschlagenen Torwart auf der Linie per Kopf rettete, waren die Hoffnungen vorbei

Mann des Spiels
Nico Williams: Nicht nur wegen seines Tors der auffälligste Spanier. Ein ständiger Gefahrenherd

Stark trotzt der Niederlage
Bukayo Saka: Der Arsenal-Profi war defensiv stark und leitete auch einige vielversprechende Angriffe ein. Insgesamt ohnehin der konstanteste Engländer des Turniers.

Ausblick der Sieger
Was für eine rasante Entwicklung der Spanier. Im Vorfeld gehörte das Team höchstens zum erweiterten Kreis der Favoriten, es galt noch zu unerfahren für so ein langes Turnier, und der Höhepunkt war eigentlich erst für 2026 oder gar 2028 geplant. Die perfekte Mischung aus jung (Yamal, Nico Williams), mittel (Rodri, Fabian) und alt (Carvajal, Laporte). Und wer da noch so alles auf der Bank saß (Grimaldo, Ferran Torres) bzw verletzt fehlte (Pedri, Gavi) – es muss einem Angst und bange werden. Und Trainer de la Fuente, schon erfolgteich mit dem Olympia-Team und diversen Junioren-Mannschaften, hat gezeigt, dass er auch die Seleccion anleiten kann.
Fazit: Das Maß aller Dinge in Europa und vielleicht eine neue Ära.

Und die Verlierer?
Jetzt ist die EM rum, und ich weiß immer noch nicht Bescheid, was dieses Team wirklich auf der Pfanne hatte. Sie wirkten für mich wie ein Windhund, der nicht von der Leine gelassen wird. Immer wenn sie doch mal in den Offensiv-Modus schalteten (1. Halbzeit vs Holland, die 10 Minuten vor dem Ausgleich vs Spanien), zeigte sich das enorme Potenzial, und das obwohl einige Topspieler (Kane, Foden) nicht mehr in Top-Form waren. Ich wage die Behauptung, das andere Trainer als Southgate, nach dem 1:1 vs Spanien die Entschedung offensiv gesucht hätten, die Iberer nicht mehr ins Spiel zurückgelassen hätten.
Auf dem Papier ist die 2. Finalteilnahme bei einer EM hintereinander sicher ein Erfolg, auch für Gareth Southgate, aber es bleibt immer das blöde Gefühl des what if …
What if, wenn wir konsequent auf Sieg gespielt hätten. Wir werden es nie wissen.
Und doch: Die Engländer werden ihre Lehren ziehen. Das Potenzial ist da, auch in diesem Team steckt sehr viel Potenzial, wie auch die eingewechselten Palmer und Watkins zeigten, die das Spiel sichtlich belebten.

Argentinien – Kolumbien 1:0

Der Dreier ist perfekt. Argentinien hat nach der Copa 21, WM 22 alo auch die Copa 24 gewonnen. In einem sehr ausgeglichenen Finale war es auch hier ein eingewechselter Spieler, der die Entscheidung herbeiführte. Lautaro Martinez, Edeljoker der Albiceleste, traf nach brillanter Vorarbeit von Giovani Lo Celso.
Die Partie begann mit 90 Minuten Verspätung, weil es am Einlass Riesen-Probleme gab. Einige Fans versuchten, das Gelände zu stürmen. Kolumbien startete etwas aktiver, aber nicht konsequent genug. Den Cafeteros fehlt ein absoluter Klassestürmer im sonst so starken Kader. Insgesamt war es ein Abnutzungskampf, nicht wirklich schön anzusehen, aber von großer Intensität. Exzellente Abwehrreihen, weitgehend fehlerlose Torhüter. prägten das Geschehen.

Mann des Spiels
Emiliano Martinez: Hielt, was zu halten war. Sicherer Rückhalt einer ohnehin sehr starken Offensive.

Stark trotz der Niederlage
Carlos Cuesta: Hielt die Abwehr zusammen. Starker Defensiv-Verbund mit Davinson Sánchez.

Und sonst?
– Lionel Messi bestritt sein 5. Copa-Finale, Rekord! Er musste nach einer Verletzung (ohne Einwirkung des Gegners) nach 66 Minuten vom Platz.
– Wie beim Super Bowl gab es eine auf 25 Minuten verlängerte Pause. Shakira hatte einen großen Auftritt.

Ausblick der Sieger
Für einige Spieler (di Maria, Otamendi) war es der letzte große Auftritt im Team der Argentinier. Ob das auch für Messi gilt, müssen wir abwarten. Die nächste Generation steht jedenfalls bereit.

Und die Verlierer?
Kolumbien gehört zur absoluten Weltspitze. Es war die erste Niederlage nach 28 Partien, und sie waren nicht das schlechtere, sondern am Ende das unglücklichere Team. Für die WM erwarte ich einiges, auch wenn dann ein James Rodriguez noch mal 2 Jahre älter ist.

Wundermann Southgate?

Halbfinale, Tag 2

England hat es geschafft und das Finale erreicht. Danke eines Siegtores in der 90. Minute des eingewechselten Ollie Watkins nach Vorarbeit des eingewechselten Cole Palmer. Hat Trainer Gareth Southgate also alles richtig gemacht. Ich überleg mir noch ein Fragezeichen.

England – Holland 2:1

Meine Erwartungen ans englische Team tendierten angesichts der bisherigen Leistungen gegen Null. Es konnte also nur besser werden als geglaubt. Und es wurde besser, denn von Beginn an beteiligte sich die Mannschaft aktiv am Spiel. Die Folge waren äußerst unterhaltsame erste 20, 25 Minuten, ähnlich wie beim 1. Halbfinale. Auch hier fielen frühe Tore: Xavi Simons brachte Oranje mit einem satten Schuss in den Winkel in Führung. Für mich unhaltbar für Jordan Pickford, doch es gab wenige, die dem Schlussmann eine Schuld atestierten, vielleicht auch einfach aus Gewohnheit, weil englische Torhüter grundsätzlich Schuld haben müssen. Schon in der 18. Minute besorgte Harry Kane per Strafstoß den Ausgleich, und dieser Strafstoß wurde leidenschaftlich diskutiert. Was war passiert? Harry Kane hatte abgezogen, klar übers Tor,  Hollands Verteidiger Denzel Dumfries kam beim Abwehrversuch zu spät und traf das ausschwingende Schussbein von Kane – oder umgekehrt?. Schiedsrichter Felix Zwayer konsultierte das Videogerät und entschied auf Strafstoß. Da zeigt sich der Wandel der Regel, denn früher wäre eine solche Aktion nicht strafwürdig gewesen, weil aus Stürmersicht die Situation schon abgeschlossen war.

In Folge hatte beide Teams Chancen. Dumfries traf mit seinem Kopfball die Oberkante der Latte, Phil Foden mit sattem Schuss den Außenpfosten, und einmal rettete Dumfries nach wunderbarem Solo von Foden (nicht wiederzuerkennen!) auf der Torlinie.
In der 2. Halbzeit waren die Holländer das aktivere Team mit besseren Chancen und hätten sich mE den Sieg verdient. Die Engländer wurden zunehmend passiv, aber längst nicht so destruktiv wie bisher im Turnier. Southgate nahm unter anderem die schwächer werdenden Kane und Foden aus der Partie und brachte eben Palmer und Watkins. Wohl dem, der eine solche Bank hat.

Mann des Tages
Phil Foden: Vor allem in der 1. halbzeit ein steter Unruheherd, kaum zu fassen von der Oranje-Abwehr.

Stark trotz der Niederlage:
Xavi Simons: Nicht nur wegen seines Tores der auffälligste Holländer. Glänzender Ballverteiler, allerdings fehlte die letzte Konsequenz.Gab alles und wurde entkräftet ausgewechselt.

Und sonst?
– Der deutsche Schiedsrichter Felix Zwayer pfiff grundsolide und ohne große Fehler. Ließ viel laufen und lange Zeit auch die Karten stecken. Am Ende wurde die Partie hektischer, und er verlor ein bisschen seine Linie.
– endlich wieder Regen in Dortmund: Die Wasserfälle im Westfalenstadion wurden zum running Gag des Turniers.

Ausblick der Sieger
Ein Sieg fehlt jetzt den Engländern noch zum ersten großen Titel seit 1966. Die Hürde könnte mit Spanien kaum höher sein, aber sie sind schon viel weiter, als es ihnen wohl jeder nach den bestürzenden Leistungen zugetraut hätte. Was auch daran liegt, dass zwei Kardinalschwächen vieler englischer Teams, das Elfmeterschießen und der Torwart, diesmal eher stärken sind.
Fun fact 1: Noch nie stand ein englisches Männer-Team in einem Turnierfinale außerhalb der Insel.
Fun fact 2: England vs Spanien, dieses Duell zweier absoluter Fußball-Großmächte gibt es erst das zweite Mal bei einem großen Turnier, und zwar erstmals auf neutralem Boden. 1996  in England setzten sich die Gastgeber im Viertelfinale, 1982 bei der WM in Spanien gab es in der berüchtigten Zwischenrunde ein trostloses 0:0, weswegen die Deutschen ins Halbfinale einziehen durften.

Und die Verlierer?
Wie so viele anderen Teams fahren die Holländer heim, ohne wirklich zu wissen, was sie von diesem Turnier halten sollen. Als Gruppendritter ins Halbfinale zu kommen, klingt erst mal gut. Dort als gleichwertiges Team auszuscheiden, eher nicht. Fragen bleiben: Etwa die, warum Trainer Ronald Koeman konsequent auf den in der Bundesliga überragenden Jeremy Frimpong verzichtet hat, zumal ja viele Bundesliga-Spieler diesem Turnier den Stempel aufdrücken. Das Team insgesamt scheint jung aus ausgeglichen, zumal mit Frenkie de Jong und Teun Koopmeiners zwei ganz starke Mittelfeldakteure veletzt fehlten. Für mich haben die Holländer mit die beste Perspektive von allen EM-Teams.