von Münchner Löwe | Okt 7, 2024 | bundesliga, Fußball, Tennis
Offensiv-Spektakel und ofene Fragen
Zweiter gegen Erster, Eintracht Frankfurt gegen Bayern München, das versprach viel und hielt fast alles. 3:3 ist ein merkwürdiges Ergebnis, aber letztlich vedient. Die Münchner waren hochüberlegen, hatten teilweise mehr als 75 Prozent Ballbesitz, ihre Tore fielen fast zwangsläufig, wobei mit Min Jae Kim und Dayot Upamecano zwei Verteidiger erfolgreich waren, während der vermeintliche Goalgetter Harry Kane ohne Abschluss blieb und zu allem Überfluss auch noch angeschlagen das Feld vorzeitig verlassen musste.
Doch in die Offensiv-Herrlichkeit, die die 3 Treffer nur unzureichend widerspiegeln, auch aufgrund der vortrefflichen Leistung von Eintracht Schlussmann Kaua Santos, der den verletzten Stammtorwart Kevin Trapp (fast) vergessen lässt, mischt sich Befremden in die defensive Anfälligkeit. Jeder wusste oder ahnte sehr wissend, dass sich die Franfurter aufs Konter verlegen würden, auch dank ihrer großartigen und pfeilschnellen Angreifer Omar Marmoush und Hugo Ekitiké. Und auch wenn die Bayern viele der Konter durch schnelles Gegenpressing im Keim erstickten, ein paar mal kamen sie halt durch hatten gegen die letzten verteidigenden Mohikaner Upamekano und Kim eher leichtes Spiel. Und da auch Manuel Neuer außerstande war, auch nur einen der 3 Schüsse zu entschärfen, stand m Ende ein 3:3 auf der Ergebnistafel. Alles kein Problem außer das Ergebnis, wiegelte Sportvorstand Max Eberl ab. Aber die frage darf schon gestellt werden, ob ein Team nicht wenigstens in der Nachspielzeit mit wenigstens ein bisschen Verteidigung einen Vorsprung über die Zeit spielen sollte. Die nächsten Gegner zu Hause heißen nach der durch Länderspiele bedingten Pause VfB Stuttgart und FC Barcelona. Dort treffen sie das Tor bisweilen auch ganz hübsch.
Noch ein statistisches Schmankerl: Die von mir hinreichen entwürdigten extended Goals wiesen bei Eintracht Frankfurt den Wert 0,89 auf. Bei drei Toren nach Schüssen frei vor Neuer eine wirklich erstaunliche Zahl (pro Tor nicht einmal 30 Prozent?).
Spitzenclubs suchen Spitzenform
Was haben Meister Leverkusen, der Zweite VfB Stuttgart und der Champions-League-Finalist und derzeitige Tabellenführer der Königsklasse Borussia Dortmund gemeinsam? Es flutscht nicht so richtig.
Nehmen wir Bayer, den ungeschlagenen Titelträger. 2:0 führten sie nach 8 Minuten gegen Holstein Kiel, man durfte sich sorgen um den Aufsteiger. Ein weiteres Tor von Boniface wurde wg hauchzarten Abseits zurückgenommen, und die Herrlichkeit schwand von Minute zu Minute. Vor der Pause durfte Max Geschwill nach einer Holtby-Ecke völlig ungehindert am Fünfmeterraum einköpfen, in der 2. Halbzeit verursachte Jonathan Tah in bemitleidenswert hilfloser Art einen Elfmeter, den Lewis Holtby verwandelte. In de Schlussphase hatten die Kieler sogar die größte Torchance, die aber Bayer-Schlussmann Lukas Hradecky mit einem vfantastischen Reflex abwehrte. „Uns fehlt der letzte Biss“, moserte der Finne.
Zu mosern hatten auch die Dortmunder – drei Tage nach der 7:1-Gala in der Champions League gegen Celtic. Beim 1. FC Union zeigten sie in der 1. Halbzeit eine unterirdische Leistung. Nationalverteidiger Nico Schlotterbeck verursachte täppisch einen Elfmeter, den Kevin Vogt verwandelte zu seinem ersten Treffer nach fast 10 Jahre (damals mit dem 1. FC Kön auch gegen den BVB. Der steigerte sich im zweigten Durchgang, aber mehr als der Treffer des Ex-Unioners Jonas Ryerson sprang nicht mehr heraus. Es grummelt vernehmlich am und um den Borsigplatz.
Der VfB Stuttgart bleibt ebenfalls hinter den Top-Leistungen der vergangenen Saison zurück, zumindest manchmal. Wie am Sonntag, als die sehr kriselnde TSG Hoffenheim ein 1:1 aus. Und schon das Unentschieden kam letztlich glücklich zu Stande durch einen Elfmeter, den Ermedin Demirovic erst im Nachschuss verwandelte. Scheint eine Stuttgarter Spezialität zu sein, den Gleiches gelang vor Wochenfrist Enzo Millot.
Trainereffekt bei Coco Gauff
Die Tennisspielerin hatte knapp einem Monat bekanntgegeben, dass sie künftig auf die Dienste von Brad Gilbert verzichte. Matt Daly soll neuen Schwung bringen. Gilbert hatte sie zwar im vergangenen Jahren bis zum US Open Titel gecoacht, aber in diesem Sommer wollte es nicht so recht laufen. Beim ersten großen Turnier ohne den Ex-Profi mit den üblen Tricks (Winning ugly heißt sein Buch) gewann die Amerikanerin gleich das Masters-Turnier von Peking, bei dem bis auf Iga Siatek die komplette Weltelite am Start war. Ihr erster Triumph seit Januar! Nachdem sie im Turnier durchaus ihre Mühe hatte und unter anderem im Achtelfinale von einer Aufgabe von Naomi Osaka profitierte, zeigte sie gegen die Tschechin Karolina Muchova eine herausragende Leistung, die fürs Saisonfinale vieles erhoffen lässt. Muchova ihrerseits kehrt mit Riesenschritten zurück in die Weltelite, wo sie mit ihrem wunderbaren vielseitigen Spiel einfach hingehört.
Die Männer sind bei Masters in Schanghai noch mitten im Turnier. Mit dabei ist auch Alexander Zverev, obwohl er geradde erst eine Lungenentzündung auskuriert hat und sichtlich noch nicht vollends auf dem Damm ist. Angeblich aber kann aktives Spielen keine gravierenden Spätfolgen zeitigen, wollen wir das mal glauben und hoffen.
Jannik Sinner steht im Achtelfinale: Seine Doping-Affäre ist ja jetzt beim CAS anhängig. Dort lässt man sich aber offenbar zeit, was ich unerträglich finde für alle Beteiligten. Für Sinner, weil er das Damoklesschwert einer Sperre über sich hat, vor allem aber für die Konkurrenz, der Sinner mit seinen Siegen Punkte und Geld wegnimmt. Ich würde schon hoffen, dass spätestens bis zu den ATP Finals in Turin so oder so eine Entscheidung getroffen wird.
von Münchner Löwe | Mai 9, 2024 | Fußball
Das war es mit Wembley reloaded. Nachdem der BVB auch das Rückspiel gegen Paris St Germain mit 1:0 gewann und ins Londoner Champions-League-Finale einzog, verpasste Bayern München das Weiterkommen bei Real Madrid nur knapp. Nur ein paar Minuten fehlten zum Coup und der Wiederholung des rein deutschen Finales, doch zwei späte Tore für Real, die ihre 267. remontada (Aufholjagd) in ihrem lauten und gerade modernisierten Fußballtempel feierten.
Es war das erwartete Spiel auf Augenhöhe, allerdings doch mit durchgehenden Vorteilen bei Real, die deutlich mehr Aktivität in Richtung Bayern-Kasten offenbarten als umgekehrt. Doch dieses mal agierte die Münchner Abwehr nahezu fehlerfrei, und was aufs Tor kam, das wurde zur Beute des famosen Manuel Neuer, von dem noch die Rede sein soll …
In der 2. Halbzeit erhöhten die Madrilenen den Druck, doch zwei fabulöse Neuer-Paraden, verhinderten die Führung. Die Münchner verlegten sich aufs Konter, und einer von ihnen führte zum Erfolg. Harry Kane schlug einen Toni-Kroos-Gedächtnis-Pass über 40 Meter direkt in den Lauf von Anthony Davies. Der. Kanadier, früh für Serge Gnabry ins Spiel gekommen, nahm Fahrt auf, wackelte den deutschen Nationalverteidiger Toni Rüidger aus und bezwang Sergej Lunin mit einem satten Schuss.
Doch Real Madrid ist in Dutzenden Schlachten Rückschläge gewohnt. Doch nachdem der vermeintlich schnelle Ausgleich wegen eines klaren Foulspiels an Kimmich zurückgenommen wurde, schienen die Felle davonzuschwimmen. Denn wer sollte denn Manuel Neuer bezwingen? Die Antwort folgte in der 89. Minute: praktisch er selbst: Nachdem er völlig unnötig mit einem weiten Abwurf nur einen Real-Spieler fand, kam Reals Vini jr zum Schuss. Völlig harmlos aus weiter Entfernung, doch Neuer schätzte den Ball falsch ein, dieser sprang von seiner Brust vor die Füße des schnell reagierenden Joselu, der keine Mühe mehr hatte. Das grausame Torwart-Los, es hatte wieder zugeschlagen. Die grandiose Leistung war kaum mehr etwas wert. Ich mag ja Neuer nicht besonders, das Hofieren zu ihm geht mir seit Langem auf die Nerven, insgesamt finde ich, dass er dietolle Klasse von einst schon länger nicht mehr hat. Aber jetzt spielte er seine beste Partie seit Jahren und dann dieser lächerliche Fauxpas, der ihm in dieser Form bei 10 000 Bällen nicht wieder widerfahren wird. Ein kleiner Maulwurfshügel sei Schuld gewesen, analysierte er mit einem Anflug von Galgenhumor. Tja: Seine Monsterleistung geriet ins Hintertreffen. Schnell kamen (nicht nur) bei mir Erinnerungen an Oliver Kahn bei der WM 2002 hoch. Allein dem damaligen Nationaltorwart war es zu verdanken, dass eine äußerst limitiete deutsche Mannschaft ins WM-Finale einzog. Dort zeigte sie die beste Turnierleistung, bis ein ähnlich läppischer Kahn-Abpraller die brasilianische Führung ermöglichte. Die alte Fußball-Weisheit hat immer noch Gültigkeit: Ein Stürmer kann Chance um Chance jämmerlich verhühnern, wenn er zum Siegtor angeschossen wird, ist er der Held, ein Torwart kann Wunderdinge zaubern, macht er einen entscheidenden Fehler, ist er der Depp. Man schaue sich die Notengebung der Zeitungen an, egal ob Boulevard oder Fachblatt.
Bernabeu explodierte, und in diesem Tohuwabohu setzte Joselu noch den zweiten Streich und verwertete eine scharfe Hereingabe von Rüdiger. Ausgerechnet Joselu, der bei Real begann, dann eine jahrelange Odyssee bei verschiedenen europäischen Clubs (u. a. Hoffenheim, Bremen, Frankfurt) unternahm, ehe er dieses Jahr zu Real zurückkehrte, aber auch nur, weil zuvor Harry Kane nicht nach Madrid, sondern nach München wechselte.
Die Entscheidung? Mochte man glauben, weil Bayern-trainer Thomas Tuchel alle Offensiv-Kräfte (Kane, Sané, Musiala) entkräftet und angeschlagen vom Feld nehmen musste (so seine Version. Doch dann die Szene, die jetzt schon allen Stoff zur Legendenbildung innehat. Ein weiter Schlag der Münchner, Mazraoui gewinnt ein Kopfball-Duell, der Ball gelangt über Umwege zu Eric Dier, der den Ball per Direktschuss ins Tor beförderte. Soweit klingt das schon ganz gut. Der große Haken war nur, dass der Schiedsrichter-Assistent Mazraoui im Abseits sah, seine Fahne hob und Schiri Szyman Marciniak aus Polen die Szene hörbar lange vor dem Dier-Schuss abpfiff. Vorschnell, wie sich herausstellte, denn zumindest die ersten Fernsehbilder legten eher den Schuss nahe, dass Mazraoui nicht im abseits stand. Und gerade in solch knappen Situationen ist es strikte Anweisung ans Schiedsrichter-Gespann, die Szene erst mal weiter laufenzulassen, um gegebenenfalls die Fernsehbilder per Videoreview zu konsultieren. Dieses war jetzt eben nicht mehr möglich, weil mit dem Schiri-Pfiff das Spiel formell unterbrochen war.
Die Bayern tobten und toben wahrscheinlich immer noch. Michael Ballack am DAZN-Mikrofon überschlug sich förmlich vor Empörung über diesen unmöglichen Fehler. Es war fast lustig zu sehen, wie er sich mehr und mehr in Rage redete, die Sätze lkaum mehr zusammenbekam und mehr und mehr auch ins Sächsische verfiel. Der Chemnitzer dachte mit Grausen an ein Champions-League-Spiel 2009 mit Chelsea, als der Schiri im Rückspiel gegen den FC Barcelona einfach trotz mehrerer reichlich eindeutiger Szenen schlichtweg keinen Elfer geben wollte.
https://www.kicker.de/oevreboes-skandalspiel_ballacks-boesen-sprint-uebersah-er-auch-717684/artikel
Die Spieler tobten (nicht ganz so schlimm) Max Eberl, gerade gut zwei Monate als Sportvorstand verstieg sich gar in die Behauptung, alle hätten das deutsche Finale dringend gewünscht, nur die Polnischen (sid!) Schiedsrichter nicht. und die „Bild“ verstieg sich gar zum „schlimmsten Torraub“ seit Wembley 66, gnädig ein paar ähnliche Fälle (Lampard 2010 gegen Neuer) ignorierend.
Ich kann den Ärger sehr gut verstehen, aber:
- Wie gesagt: Die Szene war abgepfiffen, und einige Real-Spieler nicht mehr bei der Sache. Vor allem ihr Torwart Lunin ließ den Ball von Dier teilnahmslos relativ nah an sich vorbei ins Tor rollen, der weder besonders fest noch platziert geschossen war. Nach Lage der Dinge hätten vollkonzentrierte Madrilenen und insbesondere Lunin den Treffer mit Leichtigkeit verhindert.
- Und sogar wenn dieses Tor gefallen wäre. Wenn wir schon im Spekulatius sind, dann bitte auch über die dann erforderliche Verlängerung, lange 30 Minuten gegen völlig erschöpfte Münchner, die von der Bank nichts mehr hätten nachlegen können. Klar, den Neuer hätte real erst mal bezwingen müssen
Die Münchner täten also sehr gut daran, sich jetzt allein auf diese Szene zu kaprizieren. Natürlich war das Verhalten vom Schiri (auf Eberls Herumreiten aufs „Polnische“ möchte ich lieber nicht eingehen) ein furchtbarer Fehler, zumal er bei Joselus zweitem Tor bei einer ähnlich knappen Abseitsfrage nicht abpfiff, so dass eine Kontrolle möglich war. Aber insgesamt waren die Münchner den Madrilenen doch ziemlich unterlegen, und da gilt es jetzt, den Hebel anzusetzen.
Und Tuchel muss sich bei allem Lob über die Taktik gegen Real schon fragen lassen, warum all seine Offensiv-Kräfte aus dem letzten Loch pfiffen. Klar, Veletzungen bei Sané und Musiala, aber musste ein Harry Kane in letztlich belanglosen Bundesliga-Spielen wirklich praktisch immer von der ersten bis zur letzten Minute spielen?
Die Analyse wird folgen, die der eigenen Fehler auch (nicht der von Neuer, der wird nie mehr passieren). Jetzt muss aber schleunigst ein neuer Trainer gefunden werden, denn erst danach erscheint mir die Verpflichtung neuer Spieler sinnvoll mal abgesehen davon, dass diese schon gerne wüssten, unter wem sie trainieren und spielen müssen und welche Idee des Fußballs der Coach hat. Spannende Zeiten, versprechen große Unterhaltung (für die unbeteiligten Betrachter zumindest). Und Borussia Dortmund hat die zweifelhafte Ehre, Real am Samstag in 3 Wochen herauszufordern in Wembley.
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