Zurück auf Anfang
Die Champions League hat viele Nachteile. Dass immer dieselbe Handvoll von Teams ausschließlich aus den „großen“ europäischen Ligen den Sieger unter sich ausmachen. Dass die Unsummen an alle Teilnehmer viele nationale Ligen zur Farce machen. Aber eines ist auch klar: Spätestens ab dem Viertelfinale kann man keinen besseren, aufregenderen Fußball sehen als in der Königsklasse.
Die gestrige Partie Bayern gegen Real bestätigte diese meine Einschätzung. Die Partie ist ja schon ein Halbfinal-Klassiker. Die Münchner Arena ein würdiger Rahmen eines fulminanten Spiels, und diesmal herrschte auch Stimmung. Nicht so laut wie im Westfalenstadion oder Metropolitan Arena (Atlético), aber immerhin. Fußball hat die schöne Eigenschaft, dass sich das Spielglück von einer Sekunde auf die andere komplett ändern kann. Drei Tore fielen praktisch aus dem Nichts, als eigentlich jeweils das andere Team die Oberhand zu haben schien.
Nach dem perfekt getimten Steilpass von Toni Kroos überwand Vini jr Manuel Neuer, der sich gegen ein brachiales Herauslaufen entschied, was erstaunlicherweise bei der Analyse überhaupt kein Thema war. Sakrosankter Neuer halt. Kroos ist ein Phänomen, er zeigte mal wieder, mit seiner Ballsicherheit, seiner unerschütterlichen welchen Verlust die Bayern bei seinem Abgang erlitten.
Nicht weniger überraschend kam der Ausgleich vom sehr starken Leroy Sané kurz nach der Pause, als Real am zweiten treffer bastelte. In Robben-Manier zog er von rechts nach innen und überwand mit einem strammen, aber nicht unhaltbar wirkenden Schuss in die kurze Ecke Real-Schlussmann Lunin, der noch in der 1. Minute glänzend gegen Sané gerettet hatte. Jetzt waren die Bayern am Drücker, und fast folgerichtig fiel durch Harry Kanes souverän verwandelten Elfer die Führung. Es gab durchaus Chancen zur Erhöhung, doch langsam befreite sich Real. Der Ausgleich nach Kims unglücklichem Einsteigen gegen Rodrygo und Vinis Elfer fiel trotzdem überraschend..
Da die Auswärtstore nicht mehr doppelt zählen, geht es nächsten Mittwoch im Bernabéu-Stadion wieder bei Null los. Real ist bekannt für die Heimstärke, aber in diesem Jahr blieben sie in den K.-o.-Spielen RB Leipzig (1:1) und ManCity (3:3) sieglos und mussten jeweils über das Unentschieden noch froh sein. Gerade die Leipzig-Partie veranschaulicht bestens, dass Real verwundbar ist. Andererseits wird auch Real aus dieser Partie seine Lehren ziehen. Ich sehe die Chancen weiter 50:50.
Rangnick wirklich ante Portas?
Dem Vernehmen nach hat der Coach mehr als angedeutet, dass er großes Interesse am Trainerposten des FCB hat. Kein geruhsames Leben in Austria, sondern ein täglich fordernder Knochenjob physisch und psychis mit vielen Nebenkriegsschauplätzen. Der Job ist ja erst mal sehr reizvoll und sehr viel besser dotiert als der des österreichischen Teamchefs. Glaube ich den sogenanten Experten bei Sky und Bild und auch SZ, liegt jetzt der Ball beim österreichischen Verband und welche Summe er als Ablöse abruft. Sollte Rangnick auch dem ÖFB gegenüber bekunden, dass er unbedingt das Münchner Abenteuer angehen will, wird dieser kaum ein Veto in Form einer zu hohen Ablöse einlegen. Weniger aus Dankbarkeit, sondern eher dem Umstand geschuldet, dass eine EURO unmittelbar bevorsteht. Am liebsten trotz allem mit Rangnick, der in den zwei Jahren in Österreich viel Grundlegendes angeschoben hat und das Fundament für auch weiter erfolgreiche Zeiten gelegt hat.
Rangnick wird sich im Klaren sein, dass die Arbeit bei Bayern große Tücken hat. Das geht schon damit los, dass er, weil er mit Österreich die EM offenbar auf jeden Fall bestreitet, frühestens im Juli mit voller Kraft zur Verfügung steht, ohne Urlaub nach einem fordernden Großturnier, versteht sich; in die wichtige Saisonplanung (wer kommt?, wer geht?) er also nur in begrenztem Maß Einfluss haben kann, weil er auch von allen Seiten kritisch beäugt wird, wie viel Zeit er vor allem in der unmittelbaren Turniervorbereitung und EM selbst erübrigt für die Münchner Probleme – und die gibt es mehr als genug.
Hinzu kommt aber vor allem, dass der FCB aus den verschiedensten Gründen zuletzt namhafte Trainer en masse nach relativ kurzer Zeit wieder rausgeschmissen hat, wobei eine echte Linie nie zu erkennen war. Und wenn ein Uli Hoeneß ankündigt, ja androht, sich wieder verstärkt n die Alltagsarbeit mit Wort und Tat einzubringen, bedeutet das mittleweile nichts Gutes, wie die nicht nur vom Zeitpunkt her nicht nur mich mich fassungslos machende Fundamentalkritik an Thomas Tuchel vor dem CL-Halbfinale schlechtestens belegt.
Und die Vorgabe ist für nächstes Jahr klar: das Champions-League-Endspiel in der eigenen Arena, das Finale dahoam II. Ein vorzeitiges Scheitern in der Königsklasse , und spätestens dann gibt es die nächste Trainer-Diskussion. Auf jeden Fall ist viel Popcorn gefragt fürs Münchner Theater.
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