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Einseitig wie selten
Erneut hieß das Wimbledon-Finale der Männer Carlos Alcáraz gegen Novak Djokovic, aber im Vergleich zum Thriller 2023 war es diesmal eine sehr einseitige Angelegenheit. Die Alcáraz sogar ungewollt spannend machte, als er beim Stand von 6:2, 6:2, 5:4 40:0 bei eigenem Aufschlag drei Matchbälle in Folge versiebte und den Djoker tatsächlich zurück ins Spiel brachte. Doch der Serbe war längst nicht in Topform wie schon das ganze Turnier und ließ sich die Gelegenheit engehen, wenigstens den Satz zu holen.
So blieb es bei 3 Durchgängen und eines der einseitigsten Finals der letzten Jahre. Djokovic selbst hat in Wimbledon noch nie eine so herbe Klatsche erlebt, eine Partie, bei der er derart chancenlos war. Im Nachhinein hat sich mein Eindruck verfestigt, dass er nur aufgrund günstigster Umstände und einer einfachen Auslosung überhaupt erst ins Finale gekommen ist, wo er letztlich nix zu suchen hatte. Tommy Paul, Daniil Medwedew, Jannik Sinner und noch einige mehr wären auch zu stark für ihn gewesen. Djokovic ist also ein Mensch, auch er kann nicht mal einen Monat nach einer Knieoperation in Top-Form sein noch dazu in einem Jahr, in dem es bisher nach seinen Maßstäben überhaupt nicht läuft. Bisher noch kein Turniersieg und Wimbledon war das erste Finale, das hat es zu diesem Zeitpunkt seit 2006 (!) nicht gegeben. Jetzt läuft ihm die Zeit davon, und für ihn ist zu wünschen, dass er rechtzeitig den Absprung schafft. Nicht dass ich noch Mitleid mit ihm bekomme, Gott bewahre.
Alcáraz dagegen hat das kleine Formtief nach seinem ersten Wimbledon-Triumph überwunden, hat jetzt das schwierige Doppel Paris/Wimbledon gewonnen, was nur einer Handvoll Spielern gelang. Der Zweikampf mit Jannik Sinner um die Vorherrschaft des Männertennis ist eröffnet, mit Kombatanten wie Daniil Medwedew, Sascha Zverev und anderen.
Tschechin folgt Tschechin
So erwartet der Triumph von Mitfavorit Alcáraz kam, so sehr überraschte mich die Siegerin Barbora Kreijikova. Die hatte zwar schon die French Open 2021 gewonnen, seitdem aber zumindest im Einzel herzlich wenig getroffen, auch weil sie viele Verletzungen hatte. Als Nummer 31 gehörte sie gerade noch zu den Gesetzten.
Dass sie Tennisspielen kann, wissen alle. Im Doppel feierte sie auch Triumphe, zuletzt bei den French Open, die sie zusammen mit Laura Siegemund gewann. Sie hat mit den besten Volley im Frauentennis und einen vernünftigen Aufschlag, ihr Spiel ist also prädestiniert für Rasen. So jemand ist dann halt zur Stelle, wenn die vermeintliche Spitze um Iga Swiatek, Coco Gauf und Lena Rybakina patzt oder wie Aryna Sabalenka verletzungsbedingt gar nicht antreten kann.
Im Finale siegte sie gegen die nicht minder überraschende Yasmine Paolini. Die Dreisatzpartie bot jetzt nicht das allerbeste Tennis, beiden Akteurinnen war zeitweise die Nervosität anzumerken bei ihrem jeweils größten Karrierespiel. Aber es war jederzeit spannend und bot insgesamt herausragenden Sport.
Kreijikova ist die nächste Tschechin, die sich in die Wimbledon-Siegesliste eintrug, und die ummittelbare Nachfolgerin von Marketa Vondrousova, die schon in der 1. Runde scheiterte. Paolini ihrerseits erreichte nach den French Open ihr zweites Grand-Slam-Finale hinterinander – ein später Durchbruch der Italienerin, die selbst am wenigsten glauben kann, wie ihr seit knapp zwei Monaten geschieht. Ihr wunderbares Lächeln hat sie nach kurzer Enttäuschung schnell wiedergefunden.
Pogacar in der eigenen Liga
In den Pyrenäen könnte eine Vorentscheidung bei der Tour de France fallen, schrieb ich vergangene Woche – und das tat sie auch. Bei beiden Bergankünften am Samstag und Sonntag war Tadej Pogacar strahlender Etappensieger, jeweils vor Jonas Vingegaard und Remco Evenepoel. Wohl selten spiegelt sich die Gesamtwertung derart in den Einzeletappen wieder. In die letzte Woche geht Pogacar mit 3:09 Minuten Vorsprung auf Vingegaard und 5:19 auf Evenepoel – das sollte trotz eines Einzelzeitfahrens und zwei Alpenetappen reichen, wenn nichts passiert. Aber natürlich kann noch viel passieren, ein Sturz, ein schwarzer Tag oder, Gott verhüte, eine (Corona)Erkrankung, der Virus geht offenbar schon rum. Der Slowene hat offensichtlich den Giro bestens überwunden, während Evenepoel und vor allem Vingegaard aufgrund der schweren Sturzverletzungen im April vielleicht nicht ganz in Top-Form sind. Erstaunlich genug, wie stark sie sind.
Pech hatte Primoz Roglic, der nach zwei Stürzen und viel Zeitverlust aufgab. Für den 35-Jährigen dürfte es jetzt eng werden mit einem Toursieg.
Leichtathleten machen Lust auf Olympia
Zwei Europarekorde waren diese Woche der Höhepunkt in der olympischen Kernsportart. Jakob Ingebrigsten aus Norwegen gewann beim Diamond-League-Meeting in Monaco in 3:26,73, die viertbeste Zeit hinter drei Afrikanern. Femke Bol lief in Chaux-de-Fonds/Schweiz 50,95 die zweitbeste Zeit überhaupt hinter Sydney Mc-Laughlin. Das Duell zwischen der Holländerin und der US-Amerikanerin dürfte einer der Höhepunkte nicht nur in der Leichtathletik, sondern der gesamten Olympischen Spiele in Paris werden. Wer es sich vormerken will: Donnerstag, 8. 8. 21.25 Uhr.
Auch sonst gab es in Monaco herausragende Leistungen: Djamael Sedjati verbesserte sich über 800 Meter noch mal auf 1:41,46. Über 400 Meter Hürden blieben mit Rai Benjamin (46,67) und Carsten Warholm 46,73) gleich zwei Läufer unter der 47er-Marke. Sogar einen Weltrekord gab es. Über die recht selten gelaufenen 2000 Meter gewann die Australierin Jessica Hull in 5:19,70 Minuten. Kann diese Langstrecklerin den Afrikanerinnen in Paris tatsächlich gefährlich werden?
Fahnenträger-In gesucht
Die Deutschen ein Weiblein und ein Männchen für die (geplante) Fahrt auf der zurzeit noch so wasserreichen Seine. Ihr habt die Auswahl einerseits zwischen
Jessica von Bredow (Dressur), Alexandra Popp (Fußball) und Annemarie Wagner (Judo) sowie
Cristian Reitz (Schießen), Dennis Schröder (Basketball), Sascha Zverev (Tennis).
Wer mitstimmen will: https://www.teamdeutschland.de/iframe-ard-wahl-zum-fahnentraeger-duo-2024
Meine Anmerkungen dazu: Zverev und Schröder sind natürlich die Bekanntesten, aber für mich beide eher ungeeignet. Schröder ist zwar Kapitän der deutschen Basketball-Weltmeister, aber ohne jegliche olympische Erfahrung und als Mannschaftsspieler nicht so exponiert, als dass er allein diese Ehre verdient hätte. Außerdem ist er nie ein Ausnahmespieler wie Dirk Nowitzki gewesen, in der NBA eher ein Reisender von Team zu Team (mittlerweile sind es 7 in 11 Jahren). Was mir vor allem missfällt, wie offensiv er sich höchstpersönlich als Fahnenträger ins Spiel gebracht hat.
Sascha Zverev ist zwar Einzel-Olympiasieger, und er lebte in Tokio auch den olympischen (und deutschen Team)Geist. Doch neben sportlichen Erfolgen zählt ins Anforderungsprofil auch die Persönlichkeit, und da darf ich Zweifel anmelden wegen der nie ausgeräumten Vorwürfe wegen Gewalt an Frauen, ein absolutes NoGo. Ich frag mich schon, warum Leute wie der Kanute Sebastian Brendel und/oder Weitspringerin Malaika Mihambo nicht mal in der engeren Auswahl sind. Haben die selbst abgesagt oder was spricht gegen sie?
Ich würde übrigens auch sehr viel lieber eine Jessica von Bredow oder Katrin Wagner sehen als Alexandra Popp. Überhaupt nichts gegen Popp, aber als Traditionalist, seufz, habe ich halt andere Vorstellungen einer typischen Olympionikin. Und wäre es nicht schön, wenn nicht wieder die ohnehin schon so bekannten SportlerInnen im Rampenlicht stehen würden.
Und sonst?
– Bayern basteln: Zwei 50-Millionen+-Transfers sind perfekt. So kommt mit einem Jahr Verspätung Tuchels Wunschspieler Palhinha. Blöd halt, dass der damalige Trainer mittlerweile Ex-Trainer ist, sich also nicht an der von ihm erfundenen und geforderten „Holding Six“ erfreuen kann. Außerdem kommt auch Michael Olise, ein Flügelflitzer, als ob die Münchner von denen nicht schon genug hätten (Sané, Coman, Tel). Zurzeit hat der Kader mehr als 30 Speler: viel Spaß beim „Ausmisten“.
– Verheißungsvolle Tests: Die deutschen Basketballer zeigen Olympia-Form. Sie gewannen einen Test am Montag gegen Gastgeber Frankreich, das allerdings diesmal ohne Victor Wembanyama antrat. Am Samstag gab es ein klares 95:50 gegen die Niederlande, bei dem Andi Obst mit 6/8 Dreiern seine Treffsicherheit zeigte. Auch die Handballer gewannen gegen Frankreich, ebenfalls am Samstag mit 35:30. Möge jeder seine Schlüsse ziehen, was das für Olympia tatsächlich bedeutet.
Die Wochenvorschau folgt.
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