Am Mittwochmorgen hat der englische Fußball-Verband bestätigt, was englische und deutsche Medien schon gestern als gesichrt vermeldet hatten: Thomas Tuchel wird neuer Temachef des Nationalteams. Nachdem in der vergangenen Woche Jürgen Klopp veim Fußball-Imperium Red Bull angeheuert hat, ist damit der zweite große deutsche Trainer vom Markt.

Die Reaktion im Mutterland des Fußballs ist weitestgehend positiv, auch wenn das Revolverblatt Daily Mail ausschließlich einen einheimischen Coach gut genug wäre: „England muss bis zum letzten Mann im Trikot englisch sein. Wir brauchen keinen Thomas Tuchel, sondern einen Patrioten, für den das Land an erster, zweiter und dritter Stelle steht.“ Doch andere Zeitungen loben Tuchel, sogar die für ihre Deutsch-Freundlichkeit nicht bekannte „Sun“, die „taktisches Geschick, Tatkraft, Energie, Erfahrung“ rühmt und ausdrücklich auch Tuchels verworrenes Liebesleben erwähnt in wohliger Erinnerung an den gerade gestorbenen Sven-Göran Eriksson („der geile Sven) aus Schweden, der die Three Lions als erster ausländischer Coach betreute.

Tuchel hat sich den guten Ruf vor allem in seiner höchst erfolgreichen Zeit beim FC Chelsea erarbeitet, den er 2021 völlig überraschend zum Champions-League-Titel führte und der nur aufgrund persönlicher Differenzen mit dem irrlichternden Besitzer Tom Boehly, dem Erfinder der Taktik mit 12 Mann, gehen musste. Seitdem määndern die Londoner durch die Premier League mit einem untrainierbaren Kader von mehr als 40 Spielern. Der Coach hat nach dem letztlich unbefriedigenden Bayern-Abenteuer die Riesen-Chance, seinen zumindest hierzulande ramponierten Ruf zu polieren. In England laufen die Top-Talente haufenweise herum, es gibt auf jeder Position erstklassige Spitzenspieler: jung, im besten Fußball-Altter, aber auch einige erfahrene Spieler wie Torjäger und Kapitän Harry Kane, den er aus seiner Bayern-Zeit bestens kennt; bei den beiden herrscht auch gegenseitige Wertschätzung.

Aber natürlich birgt das Engagement auch Gefahren: Wehe wenn es nicht läuft, und viel zu gewinnen gibt es bis zur WM 2026 nicht, da England in der Nations League nur in der zweitbesten Liga herumdümpelt. Diese zu gewinnen, ist für alle Fans und Experten eine ausgemachte Sache trotz der am Freitag erlittenen Heimpleite gegen Griechenland. Ebenso nattülich die Qualifikation für das Weltturnier in den USA, Kanada und Mexiko. spätestens im Sommer 2026 kommt es dann zum Schwur: Der Titel scheint ebenso drin wie ein Ausscheiden im Achtelfinale.

Sie tacuisses

„Die Zeit von Thomas Tuchel beim FC Bayern war eine Katastrophe. der Unterhaltungswert der Mannschaft ist komplett auf der Strecke geblieben.“ (Bayern-Ehrenmitglied Uli Hoeneß in freundlicher Erinnerung an den Ex-Trainer …)

Es gab ja Zeiten, als Uli Hoeneß auch die ehemaligen Trainer und Spieler freundlich und sogar fürsorglich behandelte. Einmal in de Bayern-Familie, und man hatte einen Stein im Brett. Wie etwa Lars Lunde, um den sich Hoeneß nach einem schweren Unfall rührend kümmerte. Doch diese Zeit ist vorbei. So polterte der Uli über den Ex-Verteidiger Juan Bernat, er habe bei Bayern „einen Scheißdreck“ gespielt. Nun also das üble Nachtreten gegen Tuchel in einer wichtigen Vereins-Veranstaltung. Brauchte wirklich niemand, diese Erinnerung, dass das bündnis Tuchel-Bayern wohl ein einziges Missverständnis war, obwohl die Bayern immerhin ins Halbfinale der Champions League kamen und dort nur höchst unglücklich un nach einem katastrophalen Fehler von Manuel Neuer am späteren Sieger Real Madrid scheiterten. Viele Missstände, die Tuchel ansprach, haben sich als richtig herausgestellt, die Schwachstellen sind begradigt. Tuchel wird mit der Verbitterung des alten Mannes Hoeneß leben können, erst recht weil er ja gerade das vielversprechende England-Abenteuer angeht.