Das Champions-League-Finale in München war so einseitig wie noch nie. 5:0 hieß es am Ende für Paris Saint Germain gegen Inter Mailand, und das Ergebnis schmeichelte den Italienern sogar noch ein wenig, da PSG enormen Chancenwucher betrieb, namentlich Khvicha Kvaratskhelia, jener ansonsten famose Georgier, der im Winter zu den Parisern wechselte.
Es war ein Fest des Fußballs, so man nicht Fan der Italiener war oder ein spannendes Spiel für das einzig Wahre hält (für beides lassen sich gute Gründe finden). Was PSG auf dem Rasen der Münchner Arena zauberte, haben auch die verwöhnten Bayern-Fans noch selten gesehen. Hier spielte wirklich ein Team: ein Team mit hochkarätigen Spielern selbstverständlich, herausheben möchte ich den grandiosen Portugiesen Vitinha. Aber alle Elf Profis auf dem Feld (inklusive der Eingewechselten also 16) hatte den Mannschaftsgedanken als erste Idee.
Exemplarisch das 1:0, eine grandiose und im höchsten Tempo vorgetragene Ballstafette über vier Stationen, die Achraf Hakimi letztlich vollenden durfte. Aber welch eine Uneigennützigkeit zeigte da Desire Doué, der selbst in sehr guter Schussposition war und doch den noch besser stehenden Marokkaner bediente. Der 19-jährige Doué ist vielleicht das aufregendste und begabteste Talent dieser an Talenten so reichen Mannschaft, und er hielt sich dann mit zwei Treffern zum 2:0 und 3:0 schadlos. Die späten Treffer von Kvaradona, wie die Napolitaner Kvaratshkelia tauften, und dem ebenfalls erst 19-jährigen Senny Mayulo führten dann zum höchsten Endspielergebnis in der Geschichte der Champions League inklusive des Vorgängers Europacup de Landesmeister.
Fußball zum Verlieben, titelte ich. Und Architekt dieser rauschhaften Mannschaft ist der Asturier Luis Enrique. Er hat es mit PSG geschafft, was alle seine Vorgänger nicht geschafft haben, seitdem das Emirat Katar in Person von Nasser al-Khelaïfi den Club 2011 übenommen hat. Europas Krone zu holen. Ironischerweise eben genau zu dem Zeitpunkt, als mit Kylian Mbappé der letzte der so glorreichen Spieler den Club verlassen hatte. Sie hatten es ja mit den größten Stars versucht: Lionel Messi von Barcelona geholt, Neymar für die immer noch bestehende Rekord-Ablöse von 222 Millionen ebenfalls von Barca und eben Mbappé, der gemeinhin als bester Fußballer der Welt gilt. Nur spielten die Stars halt eher für sich als fürs Team, gerade das Verteidigen sagte ihnen ehe weniger zu. Luis Enrique sah sich das ein Jahr an, dann ließ er Superstar Mbappé ziehen.
Das hätte auch schiefgehen können. Gerade der Herbst verlief mehr als stockend, und nur mit große Mühe und dank eines 4:1 im letzten Vorrundenspiel beim VfB Stuttgart erreichten die Pariser überhaupt erst die K.o.Runde der Königsklasse. In der dann plötzlich fast alles lief. Nacheinander wurden die englischen Clubs FC Liverpool, Aston Villa und FC Arsenal eliminiert. Und vorne wurde ein Bekannter mit allerdings üblen Ruf zum Symbol des neuen PSG. Ousmane Dembélé, ein genialer Wahnsinniger. Bei Dortmund streikte er sich zum FC Barcelona weg, dort schaffte er nie den wirklichen Durchbruch. Jetzt ist er der Vorzeigeprofi, wie auch Enrique herausstellte. „Wie er als Stürmer immer und immer wieder anläuft, dafür hat er den Ballon dÒr verdient“, schwärmte der Spanier. Dembélé musste diese Art Fußball erst lernen, im Gegensatz zu Mbappé zeigte er sich lernwillig.
Und dann gab es den Moment, wo plötzlich alles so unwichtig erschien. Als die Paris-Fans ein riesiges Banner entrollten, das Luis Enrique mit seiner Tochter Xana zeigte, die im Alter von 9 Jahren nach langem Leiden an Knochenkrebs gestorben war.
Wie jede gute Liebesgeschichte gibt es natürlich bei meiner Hommage an PSG einen kleinen Haken (für viele ist das ein riesengroßer Balken). Es sind die Katar-Millionen, vielleicht sogar -Milliarden, die dieses Fußball-Märchen in Paris erst möglich gemacht haben. Katar, dieser Unrechtstaat, der Ausrichter der WM 2022, wo so viele Gastarbeiter beim Stadionbau zu Tode kamen, ohne dass es wirklich jemanden interessierte, zumindest nicht auf Dauer.
Es gibt nicht wenige Fußball-Fans, die aus eben diesen Grund PSG und andere Scheichclubs (Manchester Cityx etwa) per se ablehnen und nicht gucken. Dagegen ist absolut nichts einzuwenden. Wer allerdings Fußball auf allerhöchstem Niveau genießen will, wird feststellen, dass praktisch jeder Spitzenclub allein dem Gelde nachrennt. Die einen ließen sich von Gazrom bezahlen (lange Zeit Schalke), andere haben amerikanische Besitzer (die Hälfte der Premier-League-Clubs). Und auch Inter wurde zum Spielball chinesischer Investoren. Die Bayern? Sind in der Bundesliga finanziell dermaßen überlegen, dass es geradezu lachhaft ist. Und wenn ihnen die FIFA jetzt bei der Club-WM weitere Abermillionen in den Rachen zwängt, dann tut das ein Karl-Heinz Rummenigge als Petitesse ab.
Will sagen: Natürlich betreiben die Kataris und noch mehr die Saudis Sportswashing (wahrlich nicht nur im Fußball!) Das stört mich enorm, aber die guten alten Zeiten, die auch nie wirklich gut waren, kommen nicht wieder zurück. Und eines muss ich halt den Scheichs zugestehen. Was sie machen, das machen sie konsequent.
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