Verdammtes ZDF
Bevor ich auf die Wettkämpfe eingehen, möchte ich einen Rant aufs ZDF loswerden. Beziehungsweise das, was sie in ihrem Live-Angebot dem Normalgucker antut. Es steht der 100-Meter-Lauf der Frauen an – und sie zeigen: Fußball. Zur absoluten Abwechslung, weil Fußball ja nie gezeigt wird. Die EM liegt ja schon 3 Wochen hinter uns, da könnte der Zuschauer schon echte Entzugserscheinungen bekommen haben. Ja, es war ein deutsches Team dabei, die Frauen gegen Kanada, herzzerreißend langweilig übrigens bis auf das Elferschießen. Aber kann in diesem Land nicht ein einziges Mal der Fußball zurückstecken gegenüber den ansonsten so sträflich vernachlässigten Sportarten, zumindest denen im Sommer? Offenbar nicht, undanke dafür!
Aber es gibt doch Streams, auf die man ausweichen kann? Richtig, die gibt es, und was da ARD und ZDF anbieten, ist allerhöchstes Lob wert. Aber es gibt halt Menschen, die nicht – wie ich und andere Nerds – andauernd hektisch hin- und herschalten wollen, sondern einfach einen gemütlichen Olympia-Abend vorm Fernseher verbringen mit dem Fixpunkt 100 Meter Frauen als absoluter Tages- Höhepunkt der Wettbewerbe. Und dann soll halt, verdammt noch mal!, Herr oder Frau Fußballsüchtiger sich den entsprechenden Stream suchen.
Goldener Samstag
3 Goldene hatte ich fürs deutsche Team prognostiziert, zwei sind es geworden – und einmal Silber. Extrem souverän ruderte Oliver Zeidler im Einer zum Sieg. Nie war der Triumph auch nur ansatzweise gefährdet, am Ende lag er mit mehr als einer Länge vorn. Endlich ist sein Trauma von 2020 überwunden, als er ebenfalls als klarer Favorit in Tokio noch nicht einmal den Endlauf erreichte. Er suchte psychologische Hilfe, und die war fand offenbar die richtigen Worte. Der Deutschland-Achter verpasste als Vierter zwar eine Medaille, das Flaggschiff st aber aber nach verhältnismäßig langer Durststrecke wieder in der erweiterten Weltklasse angelangt.
Soi klar der Triumph von Zeigler war, so dramatisch ging es in der Mannschaftsdressur zu. Am Ende entschied ein Zehntelpunkt zugunsten von Jessica von Bredow-Werndl/Dalera, Isabell Werth/Wendy und Frederic Wandres/Bluetooth vor Dänemark. Ich als absoluter Dressur-Experte habe natürlich sofort erkannt, wo dieses Zehntel gefunden wurde … Für Werth war es mittlerweile das 8. Gold bei ihren 7. Olympischen Spielen und schloss damit zur Kanutin Birgit Fischer als erfolgreichste deutsche Olympionikin auf. Und weil ihr Wendy noch relativ jung ist, will sie entgegen ursprünglicher Absichten weitermachen. Der Vorteil des Reitsports. Bereits heute hat sie im Einzel eine realistische Chance zumindest auf Bronze, Bredow-Werndl und die Dänin Cathrine Laudrup-Dufour auf Freestyle (ach diese wunderbaren Pferdenamen) dürften Gold unter sich ausmachen.
Für Leo Neugebauer hat es dagegen nicht gereicht. Einerseits, weil der Zehnkämpfer praktisch in jeder Disziplin nicht ganz an sein Leistungsvermögen herankam, was bei Großereignissen völlig normal ist. Immer solide, kein Absturz, aber halt kein Ausschlag nach oben. Andererseits weil der Norweger Markus Rooth vor allem am zweiten Tag einen unglaublichen Wetttkampf hingelegt hat mit insgesamt 7 (!) persönlichen Bestleistungen. Er selbst konnte es kaum glauben und jubelte erst, als ddas offizielle Ergebnis von der Stadionwand prangte. Neugebauer seinerseits war mit Silber zufrieden. Es hätte ihn ja auch wie Mitfavorit Damian Warner ergehen können, der sich mit einem Salto nullo im Stabhochsprung (kein gültiger Versuch) aus dem Rennen verabschiedete.
Unglaubliche Katie Ledecky
Die Amerikanerin triumphierte über 800 Meter Freistil und bewies ihre Ausnahmestellung auf den Langstrecken. Insgesamt ihr 9. Gold bei Olympia, sie schloss damit zur erfolgreichsten Olympionikin auf, die Russin Larissa Lazutina. Das Rennen war für Ledecky-Verhältnisse sogar relativ spannend, weil die australische 400-Meter-Olympiasiegerin Ariarne Titmus lange mithielt.
Auf für sie fabulöse Olympische Spiele wird die erst 17-jährige Summer Macintosh zurückblicken, die sich über 200 Meter Lagen bereits ihr drittes Gold sicherte. Wenn das so weitergeht, wird die Kanadierin 2032 Ledecky eingeholt haben …
Die Karibik feiert
Nämlich zwei winzige Inseln über ihre Gold-Premiere. Über 100 Meter gewann Julien Alfred aus St. Lucia, den Dreisprung Thea Lafond aus Dominica. Beide gehörten zu den Favoritinnen, aber für Gold kamen andere eher in Frage. Ein Drama erlebte Shelly-Ann Frazer-Pryce. Die Jamaikanerin konnte zum Halbfinale nicht antreten, weil sie sich beim Aufwärmen verletzt hatte. So blieb die große Sprintnation erstmals seit 1980 (!) ohne 100-Meter-Medaille. 100-m-Doppelolympiasiegerin Elaine Thompson-Herah (Achillessehenenriss) war in Paris gar nicht dabei.
Das Rennen des Abends lieferte aber Femke Bol in der 400-Meter-Mixed-Staffel. Die Holländerin übernahm als Schlussläuferin mit weitem Rückstand als Vierte. Sie ließ es sogar relativ ruhig angehen, sparte also Kräfte für einen unwiderstehlichen Schlussspurt, mit dem sie wenige Meter vorm Ziel sogar noch die Führende Amerikanerin überholte und Oranje zu Gold führte. Ihre Zeit: 47,93. Damit wäre sie klare Einzelfavoritin, aber sie will ja unbedingt die 400 Meter Hürden angehen und dort das Duell mit Weltrekordlerin Sydney McLaughlin sichen
So ein Zufall aber auch …
Dramatisch ging es bei der Mixed-Mannschaft im Judo zu. Im Finale standen sich wie erwartet Frankreich und Japan gegenüber. Nach drei Kämpfen stand es 3:3. In diesem Fall wird ausgelost, welcher dieser sechs Kämpfe noch mal ausgetragen wird zur Entscheidung per sudden death. Und so ein Zufall aber auch, es war das Superschwergewicht mit dem französischen Nationalhelden Teddy Riner – der Flammenentzünder, Olympiasieger, seit Jahren unbesiegt und natülrich auch im Mannschaftswettbewerb bis dato unbesiegt. Gut gelaufen für die Franzosen, und natürlich gewann Riner gegen den Japaner Taitsuru Saito – standesgemäß mit Ippon.
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3×3-Basketballerinnen direkt im Halbfinale: In einem weiteren Thriller gewannen sie gegen Spanien und ersparten sich (wie übrigens letztlich auch der Gegner) die Play-Ins, also ein weiteres Spiel am Abend. Im Halbfinale treffen sie auf Kanada, das andere Spiel bestreiten Spanien und die USA, die nach ihrem 0:3-Fehlstart die nächsten 5 Partien allesamt gewannen.
Die Fußballfrauen stehen im Halbfinale. Im Elfmeterschießen setzte sich das Team von Trainer Horst Hrubesch gegen Kanada durch. Zur Heldin avancierte Torfrau Ann-Katrin Berger. Sie hielt nicht nur 2 Elfmeter, sondern verwandelte auch souverän den entscheidenden Versuch. Was für eine Karriere, denn vor zwei Jahren wurde bei ihr noch Krebs diagnostiziert. Berger zeigt eine formidable Elfer-Abwehr-Technik. Den Regeln entsprechend bleibt sie mir einem Fuß auf der Linie, stößt sich aber weit nach vor ab und kann den Winkel perfekt verkürzen.
Die Handballerinnen im Glück: Zwar verloren sie ihr abschließendes Vorrundenspiel klar gegen Norwegen. Doch da die Konkurrenz um Platz 4 auch verlor, steigen sie mit nur einem Sieg ins Viertelfinale auf. Dort allerdings sind sie gegen Frankreich klarer Außenseiter.
Und sonst?
– Doppelgold für Remco Evenepoel. Nach dem Sieg im Zeitfahren triumphierte der Belgier auch im Straßenrennen. Nicht einmal ein Defekt 3 Kilometer vor Schluss konnte ihn aufhalten. Dieses Double hat vor ihn noch kein Radsportler geschafft – und das eine Woche nach der Tour de France, die er als Dritter beendete.
– erstes Tennis-Gold für China: Qinwin Zheng gewann das Finale gegen Donna Vekic aus Kroatien. Im Männerdoppel holten sich die Australier Ebden/Peers den Titel.
– 3. Gold für Simone Biles: Im Pferdsprung war die Amerikanerin eine Klasse für sich. Wie sie sich vom Pferd in die Höhe katapultiert, ist shclicht unfassbar und ließ auch die Fernsehexperten nur noch ungläubig zurück.
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