Heute will ich mich mit MAGISCHEN MOMENTEN der Spiele beschäftigen.
Alle olympischen Spiele haben ihre besonderen Momente, an die sich Sportfans noch Jahrzehnte danach erinnern. Jahrzehnte! Bei mir ist das Hochspringerin Ulrike Meyfarth 1972 und die 200-Freistil-Staffel 1984. Oder Hermann Maiers unfreiwilliger Skiflug in den Tiefschnee 1998 samt Gold-Comeback zwei Tage später. Jetzt habe ich 6 besondere Begebenheiten der Spiele in Paris herausgepickt, es könnten natürlich auch zehn oder 15 sein, aber echte Magie geschieht eben wirklich selten.
6. Flugshow am Boden
Besser: In der Luft. Seit 2016 ist Simone Biles die mit Abstand beste Turnerin der Welt. Auch bei den Spielen 2020 war das so, aber da spielten ihre Nerven nicht mehr mit und sie gab auf, sagte dem Leistungssport erst mal adieu. Jetzt das olympische Comeback, und am Boden zeigte sie gleich mehrere Küren (oder wie die Mehrzahl von Kür halt heißt), die dem Betrachter schlicht den Atem raubten. Es gibt schon unzählige Elemente, die nach ihr benannt werden, die keine Frau auch nur ansatzweise beherrscht und auch nur ganz wenige Männer. Am besten war das bei ihrer Bodenkür für den Mehrkampf zu beachten, als sie meterhoch in die Lüfte sich aufschwang, dort saltierte und rotierte, dass mir schon beim Zuschauen schwindelig wurde, und felsenfest zum Stand kam. Das Publikum rastete aus. Aber Simone Biles ist eben kein Roboter. Bei der Bodenkür fürs Einzel wirbelte die US-Amerikanerin zwar genauso schwungvoll durch die Luft, aber diesmal zeigte sie sich nicht ganz so standfest, sondern musste das Karrée zweimal verlassen und kassierte Strafpunkte. So reichte es nur zu Silber. Und was tat sie? Gratulierte der fantastischen Brasilianerin Rebeca Andrade und lag ihr im Wortsinn bei der Siegerehrung beifall-gebend zu Füßen.
5. Nerven, meine Nerven
Okay, jetzt tümelt es ein bisschen Deutsch, man möge es mir verzeihen. Aber mein persönlicher Spannungsmoment kulminierte im 3×3- Basketball-Finale der deutschen Frauen gegen Spanien. Das Team um Svenja Brunckhorst und Sonja Greinacher hatte einen so grandiosen wie alle Experten überraschenden Triumphzug ins Endspiel hinter sich. Jetzt sollte gegen Spanien die Krönung erfolgen. Ein echter Nailbiter, wie man so schön-schlimm sagt. Rückstand, Aufholjagd, Führung, Ausgleich. Getroffene Würfe und gruselige Ballverluste – auf beiden Seiten. Vor den Augen des spanischen Königs Felipe und den zwei europäischen Basketball-Königen Dirk Nowitzki und Pau Gasol. Am Ende hatten die Deutschen die Nase vorn und holten das höchstwahrscheinlich überraschendste Gold fürs Land.
4. Der Superstar liefert zum ersten Mal ab
Jetzt wissen wir es: Leon Marchand ist der erfolgreichste Olympionike mit 4 Goldenen und einer Bronzenen in der Lagenstaffel. Der Vorschusslorbeer auf den Ausnahme-Schwimmer war riesig, noch dazu in der französischen Heimat. Die Stimmung in der Halle dementsprechend aufgeputscht vor seinem ersten Finale über 400 Meter Lagen. Von Anfang führt Marchand. Frenetischer Jubel bei jedem Zug auf der Bruststrecke, als sich der Sieg schon abzeichnete. Kurze Zeit später stand das erste Gold feste und brachte die Stimmung zum Überkochen. Trotz der noch folgenden Glanzleistungen: Das erste gold strahlt vielleicht doch am schönsten.
3. Logischer Weltrekord
Die Leichtathleten boten insgesamt eine tolle Leistungsshow. Wirklich magisch wurde der Stabhochsprung. Alle Entscheidungen im Stade de France waren an jenem Abend gefallen, und Mondo Duplantis stand auch schon als Olympiasieger fest. Jetzt ging er den Weltrekord an. 6,25 Meter, das ist bei manchen Häusern der 3. Stock. Keiner der 80 000 Zuschauer war gegangen, die geschlagenen Konkurrenten erhoben sich zum Beifallklatschen. Wie es sich für ein guten Film gehört, scheiterte Duplantis beim ersten Versuch knapp. Er hatte die Höhe an jenem Tag also drin. Der zweite ging klar schief: War Mondo etwa doch müde? Dann der 3. Versuch, und jetzt klappte es. Ohne die Stange auch nur zu berühren flog Duplantis über sie hinweg und ab in die Unendlchkeit. Alle Last fiel von ihm ab, er lief jubelnd zur Familie, zu den Trainern, und ein Kollege nach dem anderen klatschte ihn ab.
Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass Armand Duplantis spätestens im nächsten Jahr seinen eigenen Weltrekord verbessert und noch einmal und noch einmal. Doch dieser gleißende Moment wird für immer bleiben.
2. Das Ende, das es nicht geben konnte
Immer wenn ich glaube, dass mich im Sport nichts mehr überraschen kann, werde ich eines besseren belehrt. Griechen als Fußball-Europameister? 2004! US-College-Boys Eishockey-Olympiasieger, gegen das übermächtige Russland? 1980! So war ich auch der festen Meinung, dass ein Handball-Team mit zwei Toren Vorsprung bei noch 12 Sekunden Spielzeit eine Partie nicht mehr verlieren kann, zumindest nicht in einem Olympia-Viertelfinale. So wie ich dachte jeder Handball-Experte. Denkste, wie die Partie Frankreich vs Deutschland zeigte.Die Gastgeber führten nach einer aufreibenden Partie 29:27.Es fiel der Anschlusstreffer, na und? 6 Sekunden vor Schluss nahm der französische Trainer bei eigenem Ballbesitz eine Auszeit. Sie hätten den Ball nur irgendwohin ins Publikum werfen müssen, die Zeit wäre abgelaufen. Doch der Franzose Mmoh, bis dato bester Mann seiner Mannschaft, bekam den famosen Einfall, den Ball über den als 2,08-Meter-Riesen Julian Köster überlobben zu wollen. Der fing den Ball ab, passte umgehend nach vorn zum völlig freistehenden Uscins, der den perplexen französischen Torwart in letzter Sekunde überwand. Unentschieden, also Verlängerung, in der sich dann das deutsche Team nach kaum weniger spannenden 10 Minuten durchsetzte. Und erst im Finale gegen Dänemark wurde es gestoppt. Deprimierend klar. Wunder gibt es eben doch nicht immer wieder.
1. Der Engel von Paris
Eröffnungsfeier. strömender Regen und trotzdem spektakuläre Bilder. Das Entzünden des olympischen Feuers in einem Ballon, die offiziellen Reden, der Ritt durch die französische Kultur begleitet von federleichter Musik. Schon viel zum Schwelgen, auch zum Nachdenken. Jetzt war die Eröffnung zu Ende. Eigentlich: Doch dann kam sie, tatsächlich. Celine Dion. Auf einer Empore des Eiffelturms, hell illuminiert stand sie da. Und sie sang ein wunderschönes altes Edith-Piaf-Lied über die Liebe, begleitet von einem Pianisten auf einem Klavier, auf dem sich zahllose Regentropfen spiegelten. Mucksmäuschenstill war es, nur diese wunderbare Stimme der Celine. Auch all jene, die die traurige, ja tragische Geschichte der Kanadierin nicht kannte, der Tod von Familienangehörigen, ihre schwere Krankheiten, ihre lange Zeit des Nicht-Auftretens; er musste ergriffen sein, außer er hat ein Herz aus Stein. In ihrem weißen Kleid, vom Regen durchfeuchtet, glich sie einem Engel. Spätestens jetzt war klar: Es werden tolle Spiele, es müssen gute Spiele werden. Und es wurden großartige Spiele, vielleicht sogar die besten aller Zeiten, wer will das schon vergleichen?.
Bei all den großartigen Bildern, den fantastischen Leistungen, den unvergleichlichen Sportstätten, den charmanten Gastgeber: Wer in ein paar Jahren an die Spiele 2024 denkt, wird sich auch an Celine Dion erinnern, wie sie dort in ihrem weißen Kleid auf dem Eiffelturm stand und mit ihrer Stimme die Welt verzauberte und für einen kurzen Moment zum Stillstand brachte.
Danke Philipp
Große Freude.
Deine Resumees sind leider gut.
Gibt’s mehr?