von Münchner Löwe | Aug. 6, 2025 | Fußball
In nur 2 Tage haben drei große Namen des Fußball diese Welt verlassen, alle viel zu früh: der gewitzte Stürmer, Frank Mill, der so sympathiscge und kenntnisreiche RTL-Reporter Ulli Potofski sowie die Porto-Legende Jorge Costa
Frank Mill: ein Fehlschuss machte ihn berühmt
Es sind diese Szenen, die mich und alle Fans auch fast 40 Jahren danach völlig ratlos zurücklassen. August 1986, Frank Mill bestreitet am 1. Bundeslgiaspieltag der Saison seine erste Partie für Borussia Dortmund. Und hat ziemlich schnell eine tolle Szene, als er sich filigran und gewitzt an der gersamten Bayermn-Veteidigung samt Schlussmann Jean-Marie Pfaff vorbeischlängelt und nour noch de Ball aus kürzester Entfernung ins Tor schieben muss. Er tut es nicht, sondern beginnt zu überlegen, über was weiß ich: den ersten Jubel im BVB-Dress, wie er sich feiern lässt und mit welcher Geste. es dauerte,und dann schob er den Ball an den Pfosten, vielleicht auch erschchreckt durch den verzweifelt hinterherhechtenden Pfaff. „Eine 4000-prozentige Chance“, befand er später.
Doch sein humorbegabtes Naturell ließ ihn nicht verzweifeln, sondern er konnte über sich und das Malheur herzlich lachen, obwohl wirklich jedes Gespräch mit diesem Thema begann.
Dabei wäre es vollkommen absurd, „Fränkie Mill“ auf diese Szene zu reduzieren. In den 80er- und anfangs der 90er-Jahren gehörte er zu den besten deutschen Stürmern, der sich sogar Weltmeister 90 nennen darf. Beim Championat in Italien absolvierte er allerdings keine Spielminute, was allerdings weniger an seinen Leistungen lag, sondern den beiden Riesen-Angreifern Rudi Völler und Jürgen Klinsmann, an denen es kein Vorbeikommen gab. Und doch wird ihm ein großer Anteil am Triumph zugebilligt; weil er nicht aufmuckte ob seines Reservistendaseins, weil er mit seinem Humor stets für gute Stimmung sorgte. Weil er eben Frank Mill war.
In der Bundeslga spielte er für die beiden Borussen aus Mönchengladbach und Dortmund. Jupp Heynckes als Glandback-Trainer zögerte keine Sekunde, als die Möglichkeit zur Verpflichtung bestand. Mill hatte mit seinen 1,76 Metern zwar kein Gardemaß, aber eine unendlich feine Technik und den nötigen Torinstinkt. So erzielte er für Rot-Weiss Esse in einer Zweitliga-Saison sagenhafte 41 Tore, noch immer Rekord fürs Unterhaus.
Für Gladbach erzielte er von 1981 bis 86 in 153 Partien 71 Treffer, für den BVB von 86 bis 91 in 187 Spielen 41, dazu gab er zahllose Assists, die damals allerdings noch nicht statistisch erfasst wurden. Sein größter Triumph war 1989 der Pokalsieg, als er im Endspiel gegen Werder Bremen 1 Tor und 2 Assists beisteuerte, sein einziger nationaler Titel.
Zwar kam er nur auf 20 A-Ländrespiele ohne tor, dafür führte er als Kampitän der Olympiamannschaft das deutsche Team zu Bronze bei den Spielen 1988 in Südkorea.
Jetzt ist er mit nur 73 Jahren an den Folgen eines Herzinfarktes gestorben.
Ulli Potofski – die RTL-Stimme mit Schalker Herz
Es wäre höchst ungerecht, Ulrich Potofski, für alle nur Ulli, auf die Tätigkeit des Fußball-Reporters -und Moderators zu reduzieren. Er war zu Beginn des Privatfernsehens Mitte der 80er eine der prägenden Figuren des neuen Senders RTL+, zusammen mit Björn Schimpf und der Kunstfigur „Karlchen“. Doch wirklich bekannt wurde er, als er 1988 für RTL die neukonzipierte Sendung „Anpfiff“ konzipierte: die Bundesliga-Zusammenfassung am Samstagabend, die damals erstmals nicht mehr in der ARD lief. Episch lang war das (meiner Erinnerung nach bis zu 3 Stunden) mit Übertragungen, in denen die Reporter das Spiel live übertrugen. Gpnter Netzer war ein fester Bestandteil, lange bevor dieser zusammen mit Gerhard Delling zur Expertenlegende wurde.
Aber für RTL machte er so vieles mehr, regionale Reportagen und auch Tennis. Er war bei den Australian Open und modertierte lange Jahre für das damalige „Premiere“ und später Sky die Tageszusammenfassung von Wimbledon: mit dem ganz egenem Charme, dem ganz eigenen Blick für Land und Leute. Sehr unterhaltsam, manchmal betont albern (ob immer bewusst, sei mal dahingestellt). Ulli Potofski schaffte es, dass er sich nie zum Narren machte, dass er vor allem sich selbst nicht zu ernst nahm. So sprach er mit einem alten Kühlschrank „im Kühlschrank ist noch Licht“, ganz ähnlich wie Axel Hacke in seinen früheren Kolumnen mit seinem „Bosch“ sprach. Ein Multitalent, und nie verleugnete er sein tiefblaues Herz für Schalke 04, dessen Abstieg von einem Bundesliga-Spitzenteam zu einer durchschnittlichen Zweitliga-Mannschaft ihn sichtlich mitnahm.
Für Sky kommentierte er fast bis zuletzt noch Zweitliga-Spiele, dazu betrieb er einen regelmäßigen Podcast. 73 Jahre wurde Ulli Potofski alt, als er am Dienstagabend nach kurzer schwerer Krankreit verschied.
Jorge Costa – Herz und Hirn des FC Porto
Wahrscheinlich ist der Portugiese hierzulande nicht so bekannt, obwohl er in Deutschland seinen größten sportlichen Erfolg von so vielen Triumphen feierte. 2004 führte der beinharte Verteidiger in der Gelsenkirchener Arena AufSchalke den FC Porto als Kapitän zum Endspielsieg der Champions League gegen die AS Monaco. Als U-20-Spieler war er zudem Mitglied der portugiesischen Weltmeiter um Luis Figo; die so vielversprechende „Goldene Generation“, die dan doch titellos blieb bei EMs und WMs.
Jorge Costa war der Spielführer der vielleicht erfolgreichsten Zeit des ruhmreichen portugiesischen Clubs. 8 Meisterschaften feierte er, 5 Pokalsiege, und ein Jahr vor der Champions League holte sich Porto auch den damaligen UEFA-Pokal, jeweils angeleitet von der Trainer-Legende José Mourinho, für den Porto und seine Erfolge der Grundstein einer Weltkarriere war.
Jorge Costa blieb als Spieler dagegen fast durchgehend beim FC Porto, erst ganz am Ende wagte er 1995 nach 16 Jahren ein Engagement bei Standard Lüttich. Als Trainer war er nicht sonderlich erfolgreich, war eher als Weltenbummler bekannt, den es unter anderen nach Rumänien, Zypern, Gabun und Indien zog.
Erst vor gut 6 Monaten kam er zurück, übernahm beim FC Porto das Amt des Sportdirektors. Noch am Dienstag gab er ein Fernseh-Interview, kurze Zeit später beende ein Herzstillstand sein Leben im Alter von nur 53 Jahren. „Eine unverzichtbare Größe des Vereins“, kondolierte der FC Porto, und Mourinho, mittlerweile Trainer bei Fenerbahce, befand anlässlich der Partie bei Feyenoord: „Er ist Teil meiner Geschichte. Ich habe seine Kinder kennengelernt, als sie noch wirklich klein waren. Jetzt sind sie groß geworden.“ Und er versprach: „Ich werde jetzt für mein Team da sein. Und danach werde ich weinen.“
Mögen alle Drei in Frieden ruhen.
von Münchner Löwe | Juli 31, 2025 | Biathlon
Als am Dienstag die Nachricht von Laura Dahlmeiers schweren Unglück in den Bergen von Pakistan aufkam, musste man schon das Schlimmste befürchten. Am gestrigen Mittwoch dann die traurige Gewissheit – die einst überragende Biathletin hat den Steinschlag und Sturz nicht überlebt. Die Suche wurde eingestellt, auf Dahlmeiers zuvor schriftlich hinterlegten Wunsch gibt es vorerst auch keine gefährliche Bergungsaktion, das ist bei erfahrenen Bergsteigern so üblich. Ob für immer, bleibt abzuwarten, ist letztlich auch recht belanglos.
Die Berge hatten es Dahlmeier schon immer angetan. Schon während ihrer enorm erfolgreichen Karriere zog es sie immer wieder in die gefährlichen Höhen. So war es folgerichtig, dass sie die sehr anspruchsvolle Prüfung einer Bergretterin in den heimischen Garmischer Alpen mit Bravour absolvierte und bestand.
31 Jahre nur wurde Dahlmeier alt. Ich habe sie nur per Fernsehen erleben und kennenlernen dürfen. Wir sahen eine lebensfrohe, immer natürliche (im besten Sinn) junge Frau, naturverbunden und der ihre Erfolge auch nie zu Kopf gestiegen sind. Erfolge hat sie unzählige gefeiert. mit ihrem persönlichen Höhepunkt bei der WM im nahen Hochfilzen/Österreich, als sie 5 von 6 möglichen Titeln errang plus eine Silbermedaille. Bei Olympia 2018 in Pyeongchang gewann sie das bis dato einmalige Doppel Sprint/Verfolgung.
Sie war ja 2013 ziemlich unvermittelt ins deutsche Team gekommen, Nachdem sie bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Obertilliach drei Titel abgeräumt hatte, nominierte der Deutsche Skiverband die damals 19-jährige Garmischerin für die WM in Nove Mesto nach, wo sie als Staffelläuferin einsprang und ihr Team zwischenzeitlich sogar auf Platz 1 führte (letztlich wurde es Fünfte). Bei Olympia 2014 war sie noch Lernende, doch in der Saison danach (die sie wegen eines Sturzes beim Klettern und einem daraus resultierenden Bänderriss verspätet angehen konnte), startete sie durch in die Weltspitze. Erster Podestplatz in Antholz, erster Weltcupsieg (von insgesamt 33) in Nove Mesto, und bei der WM in Kontiolahti holte sie Staffelgold und Verfolgungssilber. Sie konnte sich enorm gut konzentrieren, und in der Loipe machte ihr eh niemand etwas vor.
Die WM am Holmenkollen in Oslo war dann schon extrem erfolgreich mit 5 Medaillen (Gold, Silber, 3-mal Bronze), und die Saison 2016/17 wurde zu ihrer erfolgreichsten. Neben dem erwähnten WM-Durchmarsch sicherte sie sich den Gesamtweltcup, den Einzel-, Sprint- und Verfolgungsweltcup (im Massenstart wurde sie tatsächlich nur Zweite).
Nach den Olympia-triumph 2018 und 3 weiteren Medaillen bei der WM 2019 in Östersund beendete die freiheitsliebende Laura Dahlmeier mit nur 25 Jahren ihre aktive Karriere, auch weil sie immer wieder von Verletzungen und Krankheiten geplagt wurde. Die Berge auf der ganzen Welt lockten sie. Im Winter war sie bei ZDF eine ebenso informative wie unterhaltsame Expertin beim Biathlon, immer natürlich, fröhlich, charmant (auch wenn sie etwas zu kritisieren hatte). Die Zukunft schien rosig, doch das Schicksal hatte offenbar andere Pläne. Vielleicht ein ganz kleiner Trost, dass Laura Dahlmeier bei ihrer allerliebsten Tätigkeit ums Leben kam. Sie wird fehlen. Mir wird sie fehlen.
von Münchner Löwe | Juli 6, 2025 | Fußball
Es sind Meldungen wie diese, die mich innehalten lassen. Die jeden Sportjournalisten zum Nachdenken bringen müssten, wenn er „Katastrophe“. „tragisch“ oder „entsetzlich“ tönt, obwohl er nur über schnöde Sportergeignisse schreibt. Klar, es hängt viel dran, und die Befindlichkeit von Fans möchte ich keineswegs kleinreden (wie oft war mein Wochenende nach Löwen-Niederlagen versaut), aber Diogo Jotas tödlicher Unfall relativiert das doch alles.
Der Stürmer des FC Liverpool verlor am Donnerstag aus noch nicht geklärten Umständen die Kontrolle über seinen Lamborghini, der über eine Böschung schoss und sofort in Flammen aufging. Jota (28) hatte keine Chance. Wie sein Bruder André (25) verbrannte er „bis zur Unkenntlichkeit“, wie der Polizeibericht vermeldete. Ich will mir nicht vorstellen, wie es den nächsten Angehörigen bei der Identifizierung erging. Besonders tragisch: Nur weil ihm sein Arzt wegen gesundheitlicher Probleme einen Flug nach Liverpool verboten hatte, befand sich Jota mit seinem Auto auf dem Weg zu einem spanischen Hafen, wo er mit einem Schiff die Rückreise antreten wollte.
So weit, so katastrophal. Jota hinterlässt seine Ehefrau Rute Cardoso und 3 gemeinsame Kinder. Erst 11 Tage vor dem Unfall hatten die beiden geheiratet, eine Jugendliebe aus der Schulzeit. Die Zukunft schien rosig. Beim FC Liverpool spielte der Angreifer eine sehr wichtige Rolle. Der deutsche Trainer Jürgen Klopp hatte ihn von 2020 von den Wolverhampton Wanderers geholt, wo er herausragende Leistungen gezeigt und den Club in die Premier League hatte. Auch bei den Reds war er sehr auffällig, trug wesentlich zur Meisterschaft 2025 bei. Erst vor 3 Wochen feierte er mit dem portugiesischen Nationalteam den Gewinn der Nations League, wo er als Auswechselspieler regelmäßig zum Einsatz kam. „Diogo Jota war nicht nur ein fantastischer Spieler, der fast 50 Länderspiele für die Nationalmannschaft bestritten hat, sondern auch ein außergewöhnlicher Mensch, der von all seinen Mit- und Gegenspielern respektiert wurde, der eine ansteckende Freude ausstrahlte und ein Bezugspunkt in seiner eigenen Gemeinschaft war“, schrieb der Verband. Auch der jüngere Bruder André (25) war Profi-Fußballer. Er spielte zuletzt beim portugiesischen Zweitligisten Penafiel.
Wie in Südeuropa üblich, kam es sehr schnell zur Beisetzung. Am Freitag die traditionelle Totenwache, wo nicht nur das gesamte Team des FC Liverpool die letzte Ehre erwies, sondern auch viele portugiesische Nationalspieler, die aus der ganzen Welt sich in die kleine Stadt in der Nähe von Porto aufmachten, um ihren Mitspieler und vor allem Freund die letzte Ehre zu erweisen. Am Samstag die Beerdigung im engsten Kreis von Familie und Freunden in eben jener Kirche, wo sich Diogo und Ruta das Jahrwort gegeben hatten und wo sie sich offenbar kennen- und liebengelernt hatten. Zwei Rosenkränze in Form eines roten Dresses trug da Pool-Kapitän Virgil van Dijk, mit den Nummern 20 und 25, also diejenigen, die Diogo und André auf dem Rücken ihrer Trikots trugen.
Der FC Liverpool zeigte sich erkenntlich – und großzügig. Die Rückennummer „20“ wird nicht mehr vergeben. Und der Club will das Gehalt vertragsgemäß weiterzahlen, mehr als 500.000 Euro pro Woche für die nächsten 2 Jahre. Wenigstens wird die Familie also keine finanziellen Nöte haben. Ein ganz schwacher Trost für die Ehefrau und für die Eltern, die auf einen Schlag 2 Söhne verloren haben.
von Münchner Löwe | März 22, 2025 | Allgemein
Natürlich: Der Rumble in the Jungle fällt mir als erstes ein. Im Oktober haben wir wegen des 50. Jahrestages alle noch einmal an jenen legendären Boxkampf vor den Toren Kinshasas gedacht, als Muhammed Ali in einem epischen Fight den klaren Favoriten in der 7. Runde George Foreman auf die Bretter schickte. Eines der größten singulären Sportereignisse der Geschichte, dem der große Autor Norman Mailer „The Fight“ widmete, vielleicht die beste und bestgeschriebene Sportreportage jemals.
Jetzt ist George Foreman im Alter von 76 Jahren gestorben, friedlich im Kreis der Familie, wie diese bekannt gab. Und mit ihm ist auch der letzte der Großen Drei nicht mehr bei uns: Ali, Joe Frazier und eben Foreman, sie prägten das Geschehen; mindestens 3 Generationen waren ihrem Zauber lange vor dem World Wide Web erlegen, wenn sie nur ein ganz kleines bisschen sich dem Sport zuwandten. Überall auf der Welt.
Ich habe George Foreman 1973 erstmals mit Bedacht gesehen, als er den damals von mir verehrten Joe Frazier (ich war neun oder zehn) in einem fürchterlich einseitigen Kampf in den ersten beiden Runden sechsmal zu Boden schlug, ehe der Ringrichter ein Einsehen hatte und das Gemetzel abbrach.
Die Niederlage gegen Ali ein Jahr später war die erste in Foremans Profikarriere, im 40. Kampf (37 (K.o.. ). Doch er rappelte sich auf, auch wenn ganz große Souvärenität verschwunden war. Die Kämpfe wurden mühsamer, und 1977 kassierte er eine demütigende Niederlage gegen einen gewissen Jimmy Young, den er in seiner besten Zeit ohne Federlesens auf die Bretter geschickt hatte, höchstwahrscheinlich schon in der 1. Runde.
Ein Zeichen für Foreman, dem gefährlichen Boxen Good bye zu sagen, zumindest vorerst. Er wurde Laienprediger, zog durchs Land und predigte im Namen Jesus Christus über Liebe und Vergebung. Der gefürchtete Schläger im Ring war jetzt die Sanftmut in Person.
Doch irgendetwas schlummerte noch in ihm, er hatte mit dem Boxsport noch eine Rechnung offen. So startete er in den 90ern ein Comeback. Zunächst bezwang er reines Fallobst, doch 1994 gewann er gegen Michael Moorer noch mal einen WM-Fight. 20 Jahre nach Kinshasa wurde er noch einmal Weltmeister, ein unfassbares Comeback.
Diesen WM-Titel musste er verteidigen, und im April 1995 kam es zum WM-Match gegen Axel Schulz. Axel Schulz aus Frankfurt Oder, aus Deutschland, wo der Boxsport wegen all der Maskes, Michalczewskys, Rocchigianis etc einen unglaublichen Boom erlebte mit unfassbaren Einschaltquoten. Alex Schulz schien der richtige Gegner für Foremans Titelverteidigung; viel Aufsehen und Buhei, aber recht wenig Gefahr, so dachte das Foreman-Lager. Doch der „sanfte Riese“, wie Axel Schulz ob seiner überschaubaren Schlagkraft genannt wurde, liefert den Kampf seines Lebens, hatte Foreman am Rande des Knockouts. Doch Foreman rettete sich bis zum Schlussgong (Schulz´ fehlende Schlagkraft!), und danach retteten ihn die Kampfrichter und erkannten mit 2:1 Stimmen auf den Sieger Foreman, der seinen Titel behalten durfte. Je nach Sichtweise ein glücklicher Sieg oder ein skandalöses Urteil (herrschende Meinung in Deutschland). Für Foreman erneut das Zeichen, dass es nun gut sei mit der Boxerei; zu einem Rematch kam es nie, und der Amerikaner verlor kampflos seinen Titel. Nun konnte er sich voller Elan seinen Geschäften zuwenden, ein von ihm vermarkteter Elektrogrill erzielte Rekordabsatz.
Ich bin1997 nach Frankfurt Oder gekommen. Dieser Schulz-Kampf hat die boxbegeisterte Stadt (Wolke, Maske) lange nicht losgelassen. Ich hatte das Vergnügen, Jürgen Losenky, den damaligen Reporter der Märkischen Odezeitung, der live zu diesem Kampf fliegen durfte, kennenzulernen. Wie die gesamte Sportredaktio rollte er nur die Augen über das Urteil, schwärmte aber über das Geschehen in Vegas und auch über George Foreman. Zum 30. Jahrestag des Fights wollte Schulz im April offenbar in die Staaten reisen und George Foreman besuchen, dazu wird es jetzt nicht kommen.
Für alle, die in den 1970ern in Deutschland früh aufgestanden sind, um Muhammed Ali, Joe Frazier und George Foreman live zu verfolgen, ist jetzt eine Ära endgültig zuendegegangen. Die Erinnerung an ganz große Kämpfe wird allerdings bleiben. Und an ganz große Persönlichkeiten.
von Münchner Löwe | Dez. 19, 2024 | Leichtathletik
Es ist mir unmöglich (und ich will es gar nicht), dass ich hier über jeden verstorbenen Sportler (Menschen) ein paar Zeilen finde. Aber jene, die mir viel bedeuteten (vor allem auch in meinen jungen Jahren), möchte ich länger würdigen
Der kleine Gstumperte mit dem Zug, dass es nur rauscht
Autogramme von berühmten Persönlichkeiten haben mich nie interessiert. Aber jenes des Klaus Wolfermann hatte ich. (Ein)gesammelt beim sogenannten Olympischen Tag im Herbst 1972 in einem vom Regen durchweichten Oktavheft (gibt es sowas überhaupt noch?). Dort verewigte (naja, die Zeit des Oktavhefts war endlich, fürchte ich) er sich mit seinem Schriftzug zusammen mit Hildegard Falck, der 800-Meter-Olympiasiegerin. Meine Schwester hatte dann zu Weihnachten 7 große Olympia-Plakate bekommen (ich nur eines von Gerd Müller, seufz). Und da hing er in all seiner Schönheit, naja, neben Ulrike Meyfahrt, Heide Rosendahl, Mark Spitz, Shane Gould und zwei Vergessenen. Leider sind auch diese diversen Umzügen zum Opfer gefallen.
Falck und Wolfermann waren im Sommer 72 Olympiasieger geworden, am selben Tag (3.September), fast zum selben Moment: am Goldenen (auch noch Sonntag)-Nachmittag der (bundes)deutschen Leichtathletik im Münchner Olympiastadion, weil auch Geher Bernd Kannenberg über 50 Kilometer triumphierte. Zwei Tage vor dem schrecklichen Attentat hätte die Stimmung heiterer und ausgelassener unterm Zeltdach nicht sein können. Der fürchterliche 5. September: Mit einem von den Palistinensern ermordeten Israeli, dem Gewichtheber Josef Romano, war Wolfermann gut bekannt; er hatte mit ihm Tage zuvor im Kraftraum trainiert.
Der Speerwurfsieg von Klaus Wolfermann war eine Sensation, denn es gab zu dieser Zeit einen unschlagbaren Russen (eigentlich Letten): Janis Lusis, der seit seinem Olympiasieg 68 in Mexiko keinen einzigen Wettkampf verloren und gerade einen fantastischen Weltrekord aufgestellt hatte. Wolfermann, für einen Speerwerfer eher klein und gedrungen und mit viel zu kurzen Armen („ich war der kleine Gstumperte“), schleuderte im 5. Durchgang den Speer auf bis dato für ihn unerreichte 90,48 Meter („Ich hatte einen Zug, dass es nur so rauscht“). Lusis war beeindruckt, warf entnervt einen Apfel zu Boden hatte aber noch einen Wurf zum Konter. Der 6. Versuch war seine Spezialität. ich habe die Radioreportage (auf Platte leider verschollen) noch immer im Ohr. (“ …und er wirft ihn hoch und weit“) … dann das lange Warten (Platte: knisternde Spannung, daher kommt das also), ob es gereicht hat. Die Weitenrichter maßen (hoffentlich richtig) 90,46; der kleinstmögliche Abstand, da damals die Weiten noch im 2-Zentimeter-Abstand gemessen wurden, der Himmel weiß, warum. Jetzt sprang Klaus Wolfermann wie wild umher (wenn denn jemals die Bezeichnung „Wie ein Flummi“ zutreffend war, dann damals bei diesem kompakten auf und ab hüpfenden Energie-Bündel).
Das schönste an dieser Geschichte: Wolfermann entschuldigte sich fast bei dem großen Janis Lusis, und der sagte: Macht doch nichts, ich habe ja schon Gold. Danach (auch schon zu Zeiten des Kalten Krieges) wurden ohnehin schon guten Bekannten enge Freunde fürs Leben bis zu Lusis‘ Tod 2020, zu dem Wolfermann ergreifende Worte fand, er es aber wegen Corona nicht zur Trauerfeier nach Lettland schaffte.
Der gebürtige Endorfer war aber beileibe kein One-Hit-Wonder. 1973 stellte er einen Weltrekord auf mit 94,08 Meter, eine Marke, die ewig lange Deutscher Rekord bleiben sollte. Wenn ich mich nicht irre, wurde diese Marke in der Bundesrepublik nie verbessert bis zur Neuausrichtung des Speers 1986. Zu Olympia in Montreal 1976 konnte er wegen einer Ellenbogen-Verletzung (kein Zug mehr im Arm) nicht starten.
2022 anlässlich der European Games in München trat Wolfermann noch mal ins Scheinwerferlicht. Der immer schon lichte Haarkranz war fast gänzlich verschwunden, der schwarze Vollbart in Ehren ergraut und nicht mehr so dicht. Geblieben war das listig-freundliche Lächeln und der bayerische Dialekt, mit denen er auf sein Gold 1972 zurückblickte. Das ihn berühmt machte, und weshalb er es in mein Oktavheft schaffte (naja).
Jetzt ist Klaus im Alter von 78 Jahren gestorben. Er wird sehr fehlen
RIP, Klaus Wolfermann
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