Gute Musik als Heilmittel

 

Was soll schon schiefgehen für mich mit meinem Nachnamen, wenn das „Kaiserkonzert“ von Beethoven auf dem Programm steht? Es ging nur nichts schief, sondern ich erlebte am Dienstagabend in der Isarphilharmonie einen gigantischen Musik-Abend. Den ich dem zurzeit besten Pianisten der Welt, Igor Levit (jawoll!), aber auch dem famosen Israel Philharmonic Orchestra mit Chefdirigent Lahav Shani am Pult verdanke.

Im Vorfeld hatte es Warnungen gegeben, dass es Störungen geben könnte. Wie eine Woche zuvor in Paris, als Aktivisten aus Protest gegen die Israel-Politik (aber auch aus purem Antisemitismus, wie ich befürchte) den Konzertsaal stürmten und Bengalos zündeten. Ich wurde wie alle Besucher im Vorfeld per Mail gebeten, dass ich rechtzeitig kommen möge, möglichst keine Rucksäcke/Taschen mitnehme, meine Jacke zwingend an der Garderobe abgeben muss (was ich sonst nie tue …). Als ist sehr rechtzeitig ankam, standen da 2 Polizeiwägen und ein paar (ruhige) Protestler, und die Kontrollen verliefen schnell und störungsfrei. Nichts konnte also den Musikgenuss verhindern. Für den Fall der Fälle stand Sicherheitspersonal an den Seiten des Saales: das nichts zu tun bekam und mit fantastischer Musik für ihr NIchtstun belohnt wurde. Positiver Nebveneffekt, ich hoffe, die Frauen und Männer wissen es auch zu schätzen.

Zunächst also das Kaiserkonzert, wie Beethovens 5. Klavierkonzert genannt wird. Wie ich dem Programmheft entnahm, ist das allerdings eher eine Rückübersetzung aus dem Englischen (Emperor Concerto). Igor Levit saß am Flügel, der Ausnahme-Pianist spielte seinen Lieblings-Komponisten. Großartig harmonierte er mit dem Orchester, das seinerseits den höchsten Ansprüchen genügt. Ich erspare mir und Euch, sein techinsch perfektes und doch so gefühlvolles Spiel näher zu beleuchten, das können die Fachleute so viel besser. Spannend war es, ihn bei seinen längeren Pausen zu beobachten, die Beethoven dem Pianisten ja immer wieder zumutet. Konzentriert blieb er, auf dem Sprung, und natürlich verpasste er nicht seinen Einsatz, als sein Können wieder gefragt war (nicht dass ich das erwartet hätte …).
Für Münchner Verhältnisse gab es geradezu frenetischen Beifall. Das hiesige Publikum hat seinen Igor Levit ins Herz geschlossen.

Nach der Pause zeigte das blendend aufgelegte IPO-Ensemble bei Tschaikowkis 5. Symphonie (mit dem der Komponist nach dem Entstehen der Sage nach zunächst gar nicht begeistert war), warum es zu den besten und interessantesten Orchestern der Welt gehört. Famos aufeinander eingespielt mit blendenden Musikern. Ich liebe ja die eher langsamen Passagen: die leisen Töne wie zu Beginn des 2. Satzes: Da vergaß ich sogar zeitweise das Atmen, das Denken; die Zeit blieb stehen. Und trotz der in der Stadt grassierenden November-Grippe gab es kaum Huster. Gute Musik als Heilmittel.

 

Für alle Levit- und Beethoven-Fans schon mal der Hinweis: 2027 (also 200 Jahre nach Beethovens Tod), kommt der Pianist für acht Konzert-Abende nach München, in denen er alle 32 Sonaten zum Besten geben wird.