Basketball-EM, Halbfinale
Letztlich souverän schafften die deutschen Riesen den Sprung ins Endspiel. Gegen Finnland gewannen Dennis Schröder und Co. mit 98:86. Nur ganz zu Beginn lag das Team zurück, ein donnernder Slam Dunk von Franz Wagner Mitte des 1. Viertels war das Zeichen, dass man es jetzt Ernst nehmen möge gegen die Suomis, die im Achtelfinale immerhin den Titelfavoriten Serbien aus dem Turnier genommen hatten.
Das gab den Skandinaviern um NBA-Star Lauri Markkanen durchaus Selbstvertrauen, doch die Deutschen sind mittlerweile wirklich gefestigt (für mich, der auch die Niederungen des deutschen Basketballs miterlitten hat, schrebt sich das immer noch extrem verwunderlich). Immer wenn es eng zu werden drohte besannen sie sich, und vor allem trafen sie dieses Mal auch aus der Ferne. Die Dreierquote von 40 Prozent ist jedenfalls die mit Abstand beste im Turnierverlauf, und sogar Franz Wagner, der bis dato jenseits der 6,25-Meter-Linie so gut wie überhaupt nichts getroffen hatte und jenseits von Gut und Böse, fand gleich mit 3 Versuchen das Ziel. Gott sei Dank hörte Coach Alex Ibrahimagic (er heißt wirklich so!!!) nicht auf meinen Rat, er möge Wagner den Dreier mögllichst verbieten …)
Zwei Stärken der Finnen aus Achtel- und Viertelfinale kamen dagegen weniger zum Tragen: die Offensiv-Rebounds und ihre eigenen Dreier. Da deuteten sie jeweils ihre Klasse (Muurinen) nur an. Trotz der Niederlage werden sie mit dem schon jetzt besten Abschneiden ihrer EM-Geschichte hochzufrieden sein, zumal sie am Sonntag mit einem Sieg gegen Griechenland sogar eine Medaille gewinnen könnten. Und die Zukunft scheint ohnehin äußerst hell.
Finale, Deutschland – Türkei (Sonntag, 20 Uhr, Magenta Sport, RTL)
Im Endspiel wartet allerdings mit der Türkei ein ganz anderes Kaliber. Im emotionalen Duell gegen Nachbar Griechenland ließen NBA-Star Alperin Sengün und Co. von Beginn an nicht den geringsten Zweifel am Sieg. Können sie diese Form ins Finale transportieren, wird es verdammt schwer für die Deutschen. Denn die Türken haben eine enorm homogene Mannschaft beieinander und befinden sich auf ihrer Mission Titel. Gegen die Griechen langte es fast locker, deren Star Giannis Antetokuonpo kam praktisch überhaupt nicht zur Geltung und musste sich mit für ihn kümmerlichen 12 Punkten begnügen. Was die Türkei zeigte gerade in der 1. Halbzeit des Halbfinals, war jedenfalls klar das Beste, was ich bei diesem Turnier gesehen habe. Mit dieser Erkentnis stehe ich wahrlich nicht allein.
Aber Quervergleiche sind natürlich immer schwierig, und jede Partie beginnt von Neuem (das Phrasenschwein muss auch gefüttert werden …). Zumal die Türken völliges Neuland betreten, zumindest diese Spieler-Generation. 2001 hatte eine türkische Mannschaft das EM-Finale beim Heimturnier erreicht, das gegen ein jugoslawisches Team verloren wurde; übrigens nach einem denkwürdigen Halbfinale gegen Deutschland (mit Dirk Nowitzki) nach Verlängerung, die der damalige Superstar Hidayet Törkoglu mit einem unglaublichen Dreier erreichte. Noch immer fragen sich Experten und hadern deutsche Fans, warum man nicht vorher gefoult hatte, um ein 3-Punkte-Spiel (und den Ausgleich) zu verhindern. Die Frage und vor allem deren Antwort wird ein ewiges Geheimnis bleiben. Von diesem Team ist natürlich kein Spieler mehr dabei.
zum Nachleiden ca.1:20:00): https://www.youtube.com/watch?v=KE_orYNbt6w
Die Deutschen dagegen sind finalerprobt aus dem siegreichen WM-Endspiel 2023 in Manila gegen Serbien (nach dem unglaublichen Halbfinal-Erfolg zuvor gegen die USA). Gerade die Stützen Dennis Schröder, Franz Wagner und Daniel Theis sowie Dreier-Spezialist Andi Obst naben also Erfahrung, wenn es tatsächlich um den Titel geht. Letztgenannter muss allerdings noch ein wenig an seinem Visier schrauben.
Es ist das 3. EM-Finale einer deutschen Mannschaft. 1993 gewann das Team in einem Thriller in der Münchner Olympiahalle gegen Russland (Reporter Fritz Thurn und Taxis, unvergessen), 2005 verloren Dirk Nowitzki (zum MvP des Turniers gewählt) und Co. gegen Griechenland nahezu chancenlos mit 62:78.
Für mich sind die Türken leichter Favorit, weil sie eben nicht nur den einen Superstar haben wie die deutschen K.-o.-Runden-Gegner Slowenien (Doncic) und Finnland (Markkanen). Andererseits haben sie ihr perfektes Spiel schon hinter sich, während bei den Deutschen tatsächlich noch Potenzial nach oben ist. Eines scheint allerdings sicher: Auf die Basketball-Fans wartet ein großer Abend.
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