Blick über den Teich, NFL

Heute Nacht geht es los. Die NFL, die mit Abstand reichste Liga der Welt eröffnet ihre Pforten. Wie üblich beginnt der Titelverteidiger, also die Kansas City Chiefs (gegen die Detroit Lions mit dem deutschen Wide Receiver Amon Ra St. Brown). Und geht es nach den Wettquoten und vielen Experten, werden sie das auch im nächsten Jahr tun. Wie immer, ermitteln die  Ersten der AFC und NFC die beiden Kontrahenten um den Super Bowl, der am 11. Februar in Las Vegas ausgetragen wird.

Die AFC

Eigentlich schade, dass es unmöglich ist, dass zwei AFC-Teams ins Finale kommen können. Die ist zumindest der Papierform nach der NFC haushoch überlegen, zumal jetzt auch noch Aaron Rodgers von den Packers zu den Jets gewechselt ist. Sicher eine Verstärkung, auch wenn seine allerbesten Zeiten wohl vorbei sind. Meine Favoriten, und jede Verletzung kann das zur Makulatur werden lassen.

Die Chiefs muss man erst mal schlagen mit dem zurzeit überragenden Quarterback Patrick Mahomes. Die Offensive hat großartige Waffen mit Travis Kelce, auch wenn der langsam in die Jahre kommt. Allerdings hat er sich offenbar gerade eine Knieveletzung zugezogen und ist zumindest für den Saisonstart fraglich. Ich bin ziemlich gespannt auf die Broncos. Nach dem Trainerdesaster um Nathaniel Hackett, der nicht einmal eine Saison durchhalten durfte, ist jetzt mit Sean Payton ein höchst erfolgreicher Coach an der Linie, der die Saints um Drew Brees zum Super Bowl 2009 führte. Kriegt er vielleicht sogar QB Russell Wilson wieder in die Spur? Man darf nach der Pre Season, auch wenn man die nicht zu hoch hängen sollte, Zweifel bekommen.

Die Chargers machen von sich reden, dass sie, dass sie den monströsesten vieler monströsen Quarterback-Verträge abgeschlossen haben. Sie zahlen Justin Herbert für die nächsten fünf Saisonen 48,4 Millionen Dollares per anno. Das ist so eine Sache, die ich zumindest bei diesen Summen nicht verstehe: Warum verzichtet der Mann nicht auf die eine oder andere oder auch mehrere Millionen und entlastet den Salary Cap für ein besseres Team. So was soll es ja schon gegeben haben.

Hinter den Chiefs sehe ich die Bengals und Bills praktisch gleichauf. Beide haben ihr erfolgreiches Team ziemlich zusammenhalten können. Die hochbegabten Quarterbacks Burrow und Allen sind ein Jahr erfahrener. Und beide können in den Play-offs in einer Partie auch den Chiefs sehr gefährlich werden. Die Bills werden aber noch an der klaren Play-off-Niederlage gegen die Bengals zu knabbern haben und sich in ihrer Division mit den hochambitionierten Jets und Dophins herumschlagen müssen. Und es gibt wohl auch einiges Theater, vor allem um Star-WR Stefon Diggs.

Mein Herz habe ich schon lange an die Bengals verloren, und das in sportlich furchtbaren Zeiten. Wegen der Münchner Partnerstadt Cincinatti oder dem hübschen Tigertrikot oder was auch immer? Das weiß ich nicht mehr. Allerdings sind sie in der wohl stärksten Division der gesamten NFL, müssen sich also bei jeder Partie reinhauen. So sind die Ravens, die Lamar Jackson für fünf Jahre an sich banden, kreuzgefährlich, wie schon die vergangene Saison gezeigt hat, als sie nur ganz knapp an den Bengals scheiterten. Mit Jackson ist das Laufspiel noch effektiver. Gespannt bin ich Odell Beckham, vor ein paar Jahren einer der heißesten Receiver, aber dann auch von vielen Verletzungen geplagt. Und auch die Steelers, für die eine negative Saison ein Fremdwort ist, sind jederzeit zu beachten.

Trotz der Verpflichtung von Rodgers sehe ich die Jets nicht ganz so stark, aber natürlich besser als zuletzt. Alles verlernt haben wird Rodgers nicht, und Tom Brady hat gezeigt, dass man auch im Alter noch vernünftig spielen kann. Kommt halt auch drauf an, wie er sich in der fremden Umgebung zurechtfindet. Immerhin trifft er mit WR Randall Cobb und Allen Lazard auf gute Bekannte. Aber insgesamt werden sie schon Mühe bekommen, in der Division East sich die Dolphins vom Leib zu halten. Die haben vielleicht das beste WR-Duo mit den pfeilschnellen Tyreek Hill und Jaylen Waddle. Die Frage wird halt sein, in welcher Form QB Tua Togavailoa nach seinen diversen Gehirnerschütterungen zurückkommt und ob er diese künftig vermeiden kann.

Die schwächste Division ist die AFC South. Da müsste es schon mit dem Teufel zugehen, wenn die nicht die Jaguars um QB Trevor Lawrence für sich entscheiden würden. Vor allem, wenn sie konstanter werden als die vergangene Saison, als sie schwach starteten und dennoch die Play-offs erreichten. Die Titans trotz Running Back Derrick Henry habe ich weniger auf der Rechnung. Überraschen könnten am ehesten die Colts mit ihrem Rookie-QB Anthony Richardson. Allerdings ist die Offensive trotz eines Michael Pittman eher durchschnittlich. Aber für die mittlere Zukunft sieht es für die Colts nach düsteren Jahren wieder besser aus. Gespannt bin ich auf den Österreicher Bernhard Raimann in seiner zweiten Saison, der viel an Muskelmasse zugelegt hat und seinen Stammplatz erst mal sicher haben dürfte. Für die Texans kann es nach drei desaströsen Saisonen mit insgesamt 11 Siegen eh nur besser werden

Meine Divisionssieger

East: Bills

North: Bengals

South: Jaguars

West: Chiefs

Wahnsinnig originell, ich weiß

Wild Cards gehen an Ravens, Jets und Dolphins

 

NFC

Wer außer die Eagles? möchte man fast verschämt fragen. Die erreichten vergangenes Jahr den Super Bowl, wo sie sich nur unglücklich den Chiefs geschlagen geben mussten. Die Frage ist halt, ob Jalen Hurts seine grandiose Saison wiederholen kann. Sie mussten außerdem personellen Aderlass hinnehmen und haben  ein weit schwierigeres Programm als in der vergangenen Saison. Also Haus und Hof würde ich nicht verwetten auf einen erneuten Super-Bowl-Einzug.

Denn da sind schon mal die Cowboys. Offensiv und defensiv ohne echte Schwäche, sieht man mal von den zig Ballverlusten ab. Wenn sie ihre PS auf die Straße bekommen und scheinbar sichere Siege nicht wie zuletzt verhühnern, müssten die Play-offs und vielleicht sogar der Divisionssieg sicher sein. Und noch ein Faustpfand haben sie mit Trey Lance in der Hinterhand, wenn Zak Prescott wieder mehr zum Gegner als zum Mitspieler wirft.

Der Divisionssieg dürfte für die Giants außer Reichweite sein. Vielleicht reicht es wieder zu einem Wild-Card-Platz, aber nur wegen der weitaus schlechteren Conference. In der AFC hätten sie nicht die geringste Chance.

Ziemlich gehypt werden ja die Lions, die Fans träumen von besseren Zeiten, ja vielleicht sogar ein Play-off-Sieg. Dazu ein schöner Beitrag von Lions-Fan und dem aus der SZ bekannten Jürgen Schmieder im aktuellen sports illustrated. Ob sie dann wirklich so gut sind, wird sich zeigen, wobei das Spiel bei den Chiefs nicht der Maßstab sein kann. Aber insgesamt scheinen sie auf einem guten Weg. Viel hängt natürlich von WR Jared Goff ab. Der fand in der vergangenen Saison vermehrt den Deutschen Amon-Ra St.Brown, der mit zahlreichen Catches und 6 Touchdowns den Durchbruch schaffte und weitere Großtaten ankündigte.

Die Vikings waren der Divisionssieger North der vergangenen Saison und haben jetzt den Umbruch eingeleitet. Alternde Stars wie Adam Thelen sind nicht mehr dabei. Ob da Star-Receiver Richard Jefferson glücklich wird, sei mal dahingestellt. In der Divisions-Wundertüte könnte es trotzdem zum ersten Platz reichen.

Packers ohne Aaron Rodgers – daran muss man sich auch erst mal gewöhnen. Schon die vergangene Saison war für seine Verhältnisse nicht berüht. Wunderbar seine Motzereien, wenn seine Anspielstationen den Ball verfehlten, und war er noch so ungenau gezielt Jetzt also Jordan Love, vor drei Jahren ein Nr.-1-Pick. Überragende Anspielstationen hat er nicht, dafür eine gut schützende O-Line. Ein Neuanfang ohne große Ambitionen für diese Saison. Gleiches gilt für die Bears. Man vertraut auf Justin Fields, warum auch immer und tauschte deshalb den Nr.1.Pick, der ihnen zugestanden war mit den Panthers gegen zwei First-Round-Picks und einen weiteren Top-Mann. Das werden schwere Zeiten

Eines steht für mich fest: Aus der South wird kein Team auch nur das Conference Finale sehen. Vier reichlich mausgraue Teams – trotz klingender Namen wie Buccaneers (mit ihrem wunderschönen Seeräuber-Stadion), Vielleicht steigern sie sich im Vergleich zur vergangenen Saison. Und wie alle in der South haben sie bei idealem Verlauf Chancen auf den Divisionssieg.

Auch die Saints haben weit bessere Zeiten (mit Drew Brees) hinter sich wie der neu verpflichtete QB Carr. Es gibt ein paar Lichtblicke wie Chris Olave, aber noch mehr Fragezeichen und viel Mittelmaß.

Den Panthers war also der Nr.1.Pick viel Tafelsilber wert. QB Bryce ist eigentlich zu klein und auch zu leicht, hat aber alles, was ein guter QB braucht heutzutage. Leider fehlen ihm kongeniale Anspielstationen, die Adam Thelen wohl eher mehr von früheren Zeiten her wäre.

Die Falcons setzen wohl wieder aufs Laufspiel, wo sie letztes Jahr überzeeugt haben. Die haben die Anspielstationen, aber wohl keinen Quarterback, der sie einzusetzen vemag. Oder straft mich Dennis Ridder Lügen? Vielleicht sind die Falcons der Enäugige unter Blinden.

Anders die Lage im Westen, allen Anschein nach die zweitstärkste Division, was aber allein an den Seahawks und 49ers liegt, während die Cardinals, zumal ohne Kyler Murray, und Rams, deren All-in-Saison vor zwei Jahren weiter bezahlt werden muss und extremes Verletzungspech dazukommt. Doch die 49ers und Seahawks sehe ich in den Play-offs, günstigenfalls noch mehr. Die 49ers haben vielleicht die beste Angriffsformation mit Anspielstationen wie George Kittle und Kyle Jusczyk, wo sogar ein Brock Purdy, der vielzitierte Mr. Irelevant als letzter Draftpick 2022, glänzen konnte. Jetzt kennt man ihn. Mal sehen, ob er es wieder hinkriegt und wie er seine Verletzung überwunden hat. Aber diegroßartige Anleitung von Trainerlegende Kyle Shannahan ist ihm gewiss. Erstaunlich, aber letztlich absehbar: QB Trey Lance, Nr.-3-Pick 2021, wurde an die Cowboys verhökert. Die NFL ist halt was anderes als College Football.

Die Seahawks haben einen großen Vorteil. Ihr Stadion. Es ist wahrscheinlich das lauteste nach Arrowhead in Kansas, und spätestens ab Oktober ist es im windigen und regnerischen Nordwesten der USA extrem ungemütlich. Das garantiert den einen oder anderen Sieg. Sie waren vielleicht die größte Überraschung, allerdings hat Geno Smith nach großartigem Beginn doch etwas abgebaut. Mal sehen, welchen Smith wir jetzt sehen. Und ob seine weiten Würfe nach vorne wieder so oft beim anvisierten Empfänger landen. Die sind mit Metcalf und Lockett sehr prominent. Für die Play-offs reicht es, und es gibt einen netten Zweikampf mit den Niners um den Divisionssieg.

Meine Divisionssieger

East: Cowboys

South: Falcons

North: Lions

West: Seahawks

Wild Cards: Eagles, 49ers, Giants