Ambitioniert nach Asien

Jetzt wird es ernst (nicht nur) für die deutschen Basketball-Männer. Am Freitag beginnt die Weltmeisterschaft in Japan, Indonesien und den Philippinen. Das Ziel der deutschen Mannschaft ist mit dem Medaillenwunsch reichlich ambitioniert aufgrund der Konkurrenz, erscheint andererseits aber auch nicht als utopisch.

Der deutsche Kader

Vier NBA-Spieler bilden das Gerüst. Spielmacher Dennis Schröder von den Raptors, die Wagner-Brüder Franz und Moritz Wagner von den Magic. Vor allem Franz wird mit Vorschusslorbeer überschüttet. Außerdem Verteidiger-Ass Daniel Theis. Ich persönlich bedaure sehr, dass mit Maxi Kleber ein herausragender Defensivspieler und Drei-Punkter-Schütze nicht dabei ist, nachdem ihn Schröder mangelnden Teamgeist vorwarf, weil er für die EM 22 abgesagt hat. Zumindest nach außen wurde das Thema begraben, aber dem Bundestrainer Herbert kann es nicht gefallen haben, dass Schröder hinterrücks seine Nominierung derart in Frage gestellt hat. Dass Kleber dann von sich aus seinen Rückzug bekannt gab, um die Angelegenheit nicht eskalieren zu lassen, spricht für ihn. Er wäre im Kader auf jeden Fall eine Verstärkung gewesen. Indes berechtigen gestandene BBL-Profis wie Dreier-Spezialist Andreas Obst, Nils Giffey und Maodo Lo zu Hoffnungen.

Insbesondere die Testspiele insbesondere gegen Kanada und USA machen Mut. Man sollte sie aber nicht zu hoch hängen. Gerade das Turnier in drei asiatischen Ländern ist voll von Unwägbarkeiten

Die deutsche Gruppe E

Spielort ist das japanische Okinawa. Erster Gegner am Freitag ist Co-Gastgeber Japan, für mich eine unbekannte Größe, die trotz Heimvorteil nur Außenseiter ist, zumal Hashimoto von den Lakers fehlt. Es folgt am Sonntag die Partie gegen Australien, auf dem Papier der stärkste Vorrundenkontrahent. Abschließend geht es am Dienstag gegen Finnland, bestimmt nicht zu unterschätzen, denn unter anderem haben sie Laurie Markkanen dabei, der in der vergangenen Saison in der NBA durchgestartet ist.

Und wie würde es weitergehen?

Deutschland muss unter die besten zwei kommen, sonst bleibt nur noch die Trostrunde. Das müsste drin sein, und Platz 1 in der Gruppe möglichst unbesiegt wäre wichtig, denn die Punkte werden in die Zwischenrunde mitgenommen. Dort kommen zwei Begegnungen gegen die ersten zwei der Gruppe F. Hier spielen Slowenien, sicher am stärksten einzuschätzen mit Superstar Luka Doncic von den Mavericks und gestandenen Profis wie Zoran Dragic. Um den zweiten Platz balgen sich Venezuela, Georgien und Kap Verde, allesamt absolut schlagbar. Gespielt wird abermals in Okinawa, und zwar am 1. und 3. September.

Die zwei besten Teams der Zwischenrunde, insgesamt gibt es vier Gruppen, kommen ins Viertelfinale. Dort würde höchstwahrscheinlich ein echter Brocken landen, denn als Gegner kommen Kanada, Spanien, Frankreich und Brasilien in Betracht. Der „deutsche“ Ast trägt das Viertelfinale am 6. September aus. Die Halbfinals ist am 8. September und das Finale am 10. September. Das Turnier dauert also nur gut zwei Wochen.

Viele Stars fehlen

Es ist fast ein Allstar-Team, das der WM fernbleibt, meist wegen strapaziösen NBA-Saison, die hinter und vor den besten Profis liegt. Die USA müssen fast ohne die gesamte erste Garde auskommen. Also kein LeBron James, kein Steven Curry, kein Kevin Durant, kein Jason Tatum und so fort.. Den Griechen und Serben fehlen mit Giannis und Nikola Jolic die NBA-MVPs der vergangenen drei Jahre, Kanada muss ohne den aufstrebenden Jamal Murray auskommen. Und auch der kommende Superstar der Szene, der Franzose  Victor Wenbanyama und Nr. 1 Pick für die anstehende Saison, hat abgesagt. Den hätte ich sehr gerne gesehen. Die Spanier müssen bis auf Hernangomez auf alle NBA-Profis, unter anderem Rickie Rubio, verzichten.

Und wer sind dann die Stars?

Aus der NBA stechen Shai Gilgeous-Alexander, Luca Doncic und das französische Verteidigungs-Monster Rudy Gobert heraus neben der jungen US-Garde. Sehr gespannt bin ich, wie sich Franz Wagner schlägt, ob er nach seiner guten EM sogar noch einen Schritt weitergeht. Bei den Spaniern sind die Altstars um Llull nicht totzukriegen.

Meine Favoriten

Selbstredend trotz der vielen prominenten Absagen die USA, die aus dem schier unerschöpflichen Reservoir immer noch einen schlagkraftigen Kader zusammengebastelt haben, aus dem mE Brunsun, Edwards, Bridges und der Rookie of the Year der NBA, Banchero von den Magic, hervorstechen. Zumal haben sie mit Steve Kerr einen Top-Coach an der Seitenlinie, der weiß, wie man ein Team zum Titel coacht. Und alle haben noch nicht so viel gewonnen, dürften also hungrig sein. Aus der oberen Tableauhälfte sind trotz allem die Serben und Griechen zu beachten.

Mein nicht mehr so geheime Geheimfavorit ist Kanada mit vielen NBA-Profis, darunter der brillante Gilgeous-Alexander, der eine Monstersaison hingelegt hat. Nie zu unterschätzen sind die Spanier. Sie haben die meiste Erfahrung, wissen, wie man Titel holt und sind eingespielt. Weltmeister, Europameister, und Real Madrid ist der amtierende Euroleague-Champion, man weiß eigentlich nicht, warum. Spanien muss man einfach erst mal schlagen. Frankreich mit Gobert und einer Handvoll NBA-Profis schätze ich nicht ganz so stark ein. Ein Fehler?

Und wo kann ich es schauen

In Deutschland ist jede Partie bei magenta.tv bzw Magenta Sport zu sehen, die deutschen Partien kostenlos. Nicht auszuschließen ist bei erfolgreichem deutschen Turnierverlauf eine Sublizenz wie ab dem EM-Viertelfinale 22 an RTL. Die Answurf-Zeiten sind natürlich suboptimal am Morgen und frühem Nachmittag.

Viel Vergnügen