Bronzener Slalom-Löwe

Alpine Ski-WM in Saalbach, XI

 

Zum Abschluss das erste Slalom-Gold der Männer für die Schweiz seit 75 (!) Jahren, und Linus Straßer vom TSV 1860 München holt doch noch eine Medaille für Deutschland.

 

Slalom der Männer

 

1. Durchgang

 

Cer vierfache Saisonsieger Clement Noel zog die im Slalom fast immer günstige Nummer 1 und legte gleich eine Zeit hin, an die niemand mehr herankommen sollte. Ihm am nächsten kam noch der Schweizer Loic Meillard, der Rest hatte schon mehr als eine halgbe Sekunde Rückstand: Das Trio Atle Mc Grath, Timon Haugan(beide Norwegen) und Straßer trennten gerade mal 13 Hundertstel. Der Rest mit Manuel Feller an der Spitze (1,26) hatte schon praktisch keine Medaillenchance mehr.

 

2. Durchgang

 

Wie immer bei Großereignissen: volle Attacke. Der Österreicher Dominic Raschner knallte als 22. Platzierter (also Startnummer 9) eine Gesamt-Bestzeit hin, die lange Bestand halten sollte, und keiner kam ihm zweiten Durchgang auch nur annähernd an seine Laufbestzeit.Sein Landsmann Manuel Feller übernahm dann vor den letzten fünf Startern die Führung, aber seine Zeit war nicht das Top-Top-Ergebnis. Es begann das deutsche zittern. Linus Straßer hatte einen saehr feinen Lauf, ließ aber wie im ersten Durchgang etwas Zeit liegen. Trotzdem Platz 1, und jetzt begann das Zittern um die Medaille. Timon Haugan, zu fehlerhaft. Atle McGrath, sehr feien Klinge und besser als der Skilöwe. Doch klar un terboten von Loic Meillard, zeitweise auf der ramponierten Piste wie auf Schienen unterwegs.
Vor dem letzten Starter Noel führte der Schweizer vor McGrath und Straßer, es war klar, würde der Franzose einigermaßen runterkommen, bliebe Straßer nur Blech. Fast ein schlechtes Zeichen für den Franzosen: Sein Trainer hatte den Kurs ausgeflaggt. Noel begann zittrig, doch sein Vorsprung hielt bis zur 1. Zwischenzeit, dann nur eine kleine Unachtsamkeit – eingefädelt, Aus, das Los des Slalomfahrers. Des einen Pech war der anderen Glück. Meillard bejubelte sein erstes Einzelgold bei einem Großereignis, McGrath und Straßer über ihre ersten Medaillen. Und Deutschland fährt nicht ohne Edelmatall nach Hause. Die Ski-Nation Schweiz feiert dagegen ihr erstes Slalom-WM-Gold der Männer seit 75 Jahren, man will es kaum glauben.

 

Ergebnis

 

Gold: Loic Meillard (SUI)          1:54,02
Silber: Atle McGrath (NOR)        +0,26
Bronze: Linus Straßer (GER).      0,56

4. Manuel Feller (AUT) 0,79, 5. Timon Haugan (NOR) 0,89, 6. Dave Ryding (GBR) 1,51, … 13. Henrik Kristoffersen (NOR/TV) 2,08

 

Die Medaillengewinner

 

Loic Meillard: Der Schweizer gehört seit gut fünf Jahren zur Weltspitze in Slalom und Riesenslalom, doch ein echter Siegfahrer ist er nicht. Erst vier Weltcuprennen gewann der 28-Jährige und erst einen einzigen Slalom im März 2024. Er kehrt reich medaillenbeschert aus Saalbach zurück mit zweimal Gold (Slalom, Team-Kombi) und Bronze im Riesenslalom
Atle McGrath: Gehört der relativ jungen norwegischen Garde an wie Haugan, Alexander Steen Olsen und Lucas Braathen (jetzt Brasilien). Drei Weltcupsiege berbuchte der Sohn des ehemaligen amerikanischen Skirennfahrers und einer norwegischen Langläuferin.
Linus Straßer: Bisher war es nicht die Saison des „Ski-Löwen“. Vergangenes Jahr hatte er noch die Slalom-Klassiker in Kitz und Schladming gewonnen, bis dato blieb er 2025 ohne Podestplatz, allerdings zeigte er zuletzt aufsteigende Form (Laufbestzeit in Schladming, ehe sein eigener Trainer den 2. Lauf verhunzte mit einem ihm nicht behagenden Kurs). Sein zweites WM-Brone nach Team 2021), bei Olympia 2022 wurde er sogar Zweiter.
Der 32-Jährige ist reiner Slalom-Spezialist, gewann 5 Rennen und wurde vergangene Saison Zweiter hinter Feller im Slalom-Weltcup.

 

Ski WM – meine Bilanz

 

Die Schweiz – Triumph beim Erzrivalen

 

Mit Abstand erfolgreichste Mannschaft war die Schweiz mit letztlich 12 – so viele wie noch nie und das in der Höhle des Österreichischen Löwen (schiefes Bild). Das kam nach der bisherigen Saison wahrlich nicht überraschend. 4 der 5 Männer-Entscheidungen verbuchten die Eidgenossen für sich, ausgerechnet der vermeintlich größte Favorit in einer Disziplin überhaupt (Marco Odermatt im Riesenslalom) gewann nicht. Der musste sich mit einer Goldmedaille im Super-G zufriedengeben, auch weil er freiwillig auf einen Start in der Team-Kombi verzichtete, weil er sich auf den Riesenslalom, blöd gelaufen.
Auch bei den Schweizer Frauen stach nicht jeder Trumpf. Allein die Slalomspezialistin Camille Rast raste zu Gold. Lara Gut-Behrami passten die Strecken nicht, kam am Ende nur zu Team-Kombi-Silber

 

Österreich – mehr als zufrieden

 

Sieben Medaillen – darauf hofften bestenfalls unverbesserliche Austria-Optimisten. Doch nach dem verpatzten Team-Mixed (Aus im Viertelfinale) lief es prächtig mit dem unerwarteten Titel für Stephanie Venier im Super-G und Medaillen in allen Speed-Disziplinen. Das i-Tüpfelchen setzte dann Raphael haaser mit dem völlig unerwarteten Triumph im Riesenslalom, nachdem er schon im Super-G  geholt hatte – und das nur einen Tag nach dem Kreuzbandriss seiner Schwester Ricarda. Natürlich gab es auch hier Enttäuschte wie Manuel Feller, der ohne Medaille blieb, aber das ist unausweichlich bei einem Großereignis, wo nur die Medaillen zählen, gerade in einer Skination wie Österreich und de Schweiz.

 

Die DominatorInnen

 

Den ganz großen, alles überstrahlenden Superstar gab es nicht. Niemand gewann Titel in zwei Einzelrennen. Eifrigster Medaillensammler war Loic Meillard (2 G, 1 B). Zwei Titel holten auch Breezy Johnson (Teamkombi, Abfahrt), Camille Rast (Team-Kombi, Slalom) und Franjo van Allmen (Team-Kombi, Abfahrt). Zwei Einzelmedaillen sicherten sich Federica Brignone (Silber Super-G, Gold Riesenslalom), Loic Meillard (Gold Slalom, Bronze Riesenslalom), Raphael Haaser (Gold RS, Silber Super-G).

 

🇩🇪 👓

 

Viele Erwartungen gab es nicht für das dezimierte Team. Pech hatte das Mixed-Team, das früh und reichlich unglücklich an der Schweiz scheiterte. Einen glänzenden Eindruch hinterließ die 21-jährige Emma Aicher mit drei prächtigen Fahrten in Abfahrt, Super-G und Team-Kombi-Abfahrt. Von den zwei Slolom-Trümpfen stach nur Linus Straßer, während Lena Dürr zu zaghaft blieb, Hoffnung macht die noch junge Riesenslalom-Garde der Männer, während es dort im Speed zappenduster aussieht.

 

Allgemeine Anmerkungen

 

Es war ein Skifest, das wahrscheinlich nur Österreich so feiern kann. Bestens besuchte Wettbewerbe, gute Stimmung auch genährt durch Austria-Erfolge, die vielleicht ein bisschen zu nationalistisch angehaucht gefeiert wurden.
Die Strecken waren selektiv, aber gerade im Speed nicht wirklich angsteinflößend und kaum Überwindung kostend. Es gab auch nicht die erinnerungswürdige Stelle. Auch spielte die Startnummer eine nicht unerhebliche Rolle.
Auffallend lang waren die Riesenslalom- und Slalomkurse. Auch deshalb waren die Abstände erstaunlich hoch, gerade auch in der Breite. So hatte die Zehnte im Riesenslalom schon 3,89 Sekunden Rückstand auf die Siegerin.

 

Und sonst?

 

Mikaela Shiffrin kam nach ihrer Stichverletzung im Bauch rechtzeitig zurück, war aber trotz Team-Kombi-Gold nicht auf der Höhe ihrer Kunst
Für sie in die US-Bresche sprangen Breezy Johnson, deren Abfahrts-Gold bei den Frauen am überraschendsten kam, und die junge Lauren Macuga mit Bronze im Super-G.
Die italienischen Männer blieben ohne Medaille, doch mit Gold für Federica Brignone und das Mixed-Team plus Silber für Brignone im RS werden die Azzurri leben können.
Die so starke Fraktion der norwegischen Techniker erreichten mit Bronze für McGrath das Minimalziel. Dafür sprangen im Super-G die überraschenden Bronze-Gewinner Kasja Eckhoff-Lie und AS Sejersted ein.
Die Grande Nation Frankreich blieb ohne jede Medaile – quelle desastre.
Auch Sara Hector