Olympia tous les jours

Zwei Gänsehautmomente ziemlich zur gleichen Zeit, und ein lohnender Schwimm durch die dreckige Seine – das waren nur die Höhepuntke des Montags.

Krönung vor zwei Königen

Das Basketballmärchen ist perfekt. Die deutschen 3×3-Basketballerinnen haben tatsächlich Gold gewonnen. Es war ja schon eine Glanzleistung, überhaupt nach Paris zu kommen mit einem Wurf in letzter Sekunde beim Quali-turnier in Ungarn. Die unglaubliche Vorrunde mit 6 Siegen und nur einer Niederlage nährte schon leichte Hoffnungen. Und in zwei unfassbar spannenden Begegnungen erst im Halbfinale gegen Kanada und noch am Abend im Endspiel gegen Spanien schafften Svenja Bronckhorst, Sonja Greinacher, Marie Reichert und Elisa Mevius die Krönung: Gold vor den Augen des spanischen Königs Felipe und des deutschen Basketballkönigs Dirk Nowitzki, der es sich nicht nehmen ließ, live vor Ort bei der ersten olympischen Basketball-Medaille für Deutschland überhaupt live vor Ort am stimmungsvollen Court am Place de la Concorde zu sein. Er war dann auchn einer der ersten Gratulanten.
Wieder hatten die Frauen im Finale einen 4-Punkte-Rückstand aufgeholt. Sie waren in ihren Partien ja nie haushoch überlegen, aber am nervenstärksten und auch das eingespielteste Team. Und sie hatten mit Greinacher auch die vielleicht beste Spielerin des Turniers in ihren Reihen: eine exzellente Verteidigerin und gute Schützin. Für Bronckhorst hingegen konnte der Abschied vom Leistungssport in ihrem letzten Spiel überhaupt besser nicht sein.
An Spannung nicht zu toppen? Vielleicht nicht aus deutscher Sicht, aber später das Finale der Männer war wenn das überhaupt möglich ist, noch nervenaufreibender zwischen Frankreich und Holland. Es ging in die Verlängerung, wo dann derjenige gewinnt, der als Erster 2 Punkte schafft, also jenseits der Linie trifft. Die Franzosen schafften nur einen Einer, die Holländer waren noch mal am Ball, die Zeit lief ab. Ttsächlich traf Worthy de Jong mit einem unglaublichen Zweier, auf den der weiter anwesende Nowitzki stolz gewesen wäre. Die fanatischen Franzosen verstummten, aber nur kurz, dann feierten sie ihre Silber-Jungs, und auch die Gold-Oranjes. 3×3-Basketball, zum zweiten Mal olympisch, hat sich etabliert als fantastische Version des Hallenbasketballs.

Dem Himmel ein Stück näher

Diese Überschrift, las ich im „kicker“, als in den 70ern der Amerikaner Bob Saegren mit dem Stab 5,63 Meter überwand, damals Weltrekord. Und damals war eine Höhe bereits jenseits der 6 Meter utopisch, aber erst recht die 6,25 Meter, die der Schwede Mondo Duplantis am späten Montag auflegen ließ. Als Olympiasieger stand er fest, die Konkurrenz um Sam Kendricks (5,95/Silber) und Emmanoul Karralis (5,90/Bronze) hatte sich schon längst aus dem Wettbewerb verabschiedet und stand Spalier, um ihren Stabhochsprungkönig zu huldigen. Zunächst übersprang er 6,10 Meter – olympischer Rekord. Jetzt also Weltrekord-Versuche: Nummer 1 scheiterte knapp, Nummer 2 ziemlich klar. In knisternder Spannung also Versuch Nummer 3, und diesmal klappte es. Ohne die Stange zu berühren überflog Duplantis 6,25, die wahrscheinlich sogar 6,30 Meter gewesen wären. Das Stade de France explodierte, und Duplantis feierte ausgelassen, wie man es selten gesehen hatte. Herzte die Freundin, herzte die Trainer, herzte Renaud Lavellinie, vor Duplantis Weltrekordler und mittlerweile ein guter Freund. Jeder Konkurrent klatschte ihn ab ohne Neid: Was für ein Gefühl muss das sein, von vornherein zu wissen, auf keinen Fall Gold zu gewinnen.
Dieser olympische Moment wird bleiben – bei mir hat er sich jetzt schon sehr viel tiefer eingebrannt als das 100-Meter-Finale.

Dreckig zu Gold

Nein, den Schmutz der Seine sah ich den Triathleten nicht an, nachdem sie in der Mixed-Staffel die Seine durchquert hatten. Und zumindest den Deutschen wird er letztlich auch egal sein, Denn zum Abschluss der Wettbewerbe siegte die Staffel Tim Hellwig, Lisa Tertsch, Lasse Lührs und Laura Lindemann vor den USA und Großbritannien. Lindemanns fantastischer Endspurt sicherte das Gold. Im Einzel hatte sie noch Pech, als sie auf der Radstrecke stürzte und den Anschluss an die Spitze verlor. „Dafür lohnt es sich, zwei Tage krank zu sein“, spielte Tertsch auf die Kolibakterien im Fluss an.

Standhaft in der Hölle

In den Ballsportarten kommt es im Viertelfinale ja gleich viermal zum Duell Frankreich gegen Deutschland. Die Volleyballer machten gestern den Anfang, und dem Team um Georg Grozer (Hammer Schorsch genannt) stand gegen die Gastgeber und Weltmeister vor der Sensation. Die ersten zwei Sätze gewannen die Deutschen, die dort wahrscheinlich das beste Volleyball vorführten, das je ein Team aus Germany gezeigt hat. Frankreich glich aus, schaffte im Decider einen klaren Vorsprung. Die Deutschen kamen noch mal heran im Hexenkessel zu Paris, doch zum ganz großen Coup sollte es nicht reichen, weil am Ende die risikoreichen Aufschläge allesamt im Aus landeten. Niemand muss sich etwas vorwerfen. Augenzeugen berichteten, sie hätten noch nie beim Volleyball ein feindseligeres Publikum erlebt als das französische, das bei jedem deutschen Aufschlag zu einem gellenden Pfeifkonzert ansetzte. Dieses ist ja für seine Unsportlichkeit berüchtigt, wie es Jahr für Jahr bei den French Open in Roland Garros zeigt.

Und sonst?
– ein absurder Wettbewerb: Kanu-Cross heißt die neueste olympische Errungenschaft. Vier Kajakfahrer gleichzeitig stürzen sich in den Eiskanal, das kennt man vom Skifahren und Snowboard. Dort klappt es einigermaßen, doch beim Kanu erinnert das Ganze eher an Autoscooter, wenn sich die Kanus gegenseitig rammen, und die Slalomstangen dem Gegner mit Absicht vor den Bug geknallt werden. Sicher amüsant, aber der sportliche Wert erschließt sich mir nicht. Dann könnte man auch das Wiesn-Teufelsrad olympisch machen, wäre das nicht eine Idee für die Spiele 2040, wenn sie denn wirklich wie erhofft/befürchtetin Deutschland stattfinden. Seis drum: Am Ende fanden sich auch hier zwei Goldene: Noemie Fox aus Australien (nicht zu verwechseln mit Kanu-Ikone Jessica Fox) und Finn Butcher aus Neuseeland jubelten über Gold. Für den Deutschen Noah Hegge blieb Bronze
– Geschlagene Simone Biles: Am Schwebebalken blieb sie gar ohne Medaille nach einem unfreiwilligen Abgang, und am Boden musste sie sich trotz einer spektakulären Kür mit Silber hinter der Brasilianerin Rebecca Andrade begnügen. Barren-Weltmeister Lukas Dauser war nach seiner Bizeps-Verletzung nicht wieder voll fit und wurde nur Siebter.

🇩🇪🇦🇹👓
Im Teamsprint sicherte das Bahnradtrio Pauline Grabosch, Emma Hinze und Lea Friedrich Bronze. Die dreifachen Weltmeisterinnen mussten ihren Traum von Gold trotz Weltrekordes im Vorlauf begraben, weil dort die Britinnen und Neuseeländerinnen noch schneller waren.Die Britinnen holten letztlich Gold
Klettermaxe Jakob Schubert: Der Österreicher beeindruckte in der Lead-Quali und darf sich Hoffnungen auf Gold machen.