Olympia in München – ein Pro und Contra

Die Stadt München und der Freistaat Bayern haben die Bewerbung für die Sommerspiele jetzt offiziell auf den Weg gebracht. Zwar muss der Stadtrat das Ganze noch nächst Woche absegnen, abe das scheint eine Formsache zu sein, weil Union, die SPD und auch die Grünen ihr Ja signalisierten. Am Dienstag jedenfalls stellten OB Dieter Reiter und Ministerpräsident Markus Söder das Konzept vor. Die Wettbewerbe sollen vornehmlich in bereits bestehenden Sportstätten stattfinden oder stationär errichteten Arenen. Die Bewerbung gilt für die Spiele 2036, 2040 oder 2044.

Was ich da so lese, gefällt mir auf dem ersten Blick: Leichtathletik im Olympiastadion, Dressurreiten vorm Schloss Nymphenburg, Freiwasser im Starnberger See, Bogenschießen vorm Schloss Oberschleißheim. Dazu Revival von Olympia 72 (Schießen in Garching-Hochbrück, Rudern/Kanu auf der Regatta-Strecke von Oberschleißheim). Die (noch nicht gebaute) Multifunktions-Halle in Freising soll für die Beckenschwimm-Wettbewerbe umgestaltet werden so wie das in Paris geschah. Paris ist eh ein Vorbild, als die Stadt für die Wettbewerbe integriert wurde. Kopieren will niemand, abe Anleihe nehmen, so schaut das Konzept für mich aus.

Allerdings muss auch ein neues Olympisches Dorf her. Das soll in München-Daglfing entstehen und nach den Spielen als Wohnsiedlung herhalten, samt verlängerter U-Bahn-Strecke dorthin.

Doch das offizielle Plazet von Stadt und Land ist nur die kleinste Hürde von noch sehr vielen auf dem Weg zu einer Olympiastadt gewesen. Insgesamt wird es 4 deutsche Interessenten geben, neben München sind das Berlin, Hamburg und die Region Rhein-Ruhr, die ebenfalls ihre Bewerbungen abgegeben haben. In all diesen Regionen gibt es im Herbst eine Bürgerbefragung. Sollten die Bürger alle vier Bewerbungen gutheißen (was absolut nicht gesichert erscheint), liegt die Entscheidung beim Nationalen Olympischen Komittee, dem DOSB, das im Zweifel in Abstimmung mit der Bundesregierung/dem Bundestag etc die Auswahl trifft. Wenn ich das richtig verstanden habe, gibt es es eine Entscheidung: Der erwählte (im Hinterzimmer ausgemauschelte?) Kandidat darf sich dann für die Spiele 2036, 2040 und 2044 bewerben. Ob es nach einem (wahrscheinlichen) Scheitern 2036 (vs Mumbai!) noch zu einem Wechsel kommen kann (etwa wenn vom IOC bedeutet wird, dass diese Kandidatur völlig chancenlos ist auch bei erneuten Versuchen), ist eines der vielen Unklarheiten. Unklar ist auch, nach welchen Kriterien der nationale Bewerber ausgehandelt wird, wer da überhaupt abstimmen darf.
Der deutsche Kandidat darf sich dann mit der internationalen Konkurrenz messen. Hier ist dann alles noch unklarer/intransparenter, welche Entscheidung getroffen wird, weil hier viele politische, geographische Interessen/Meinungen eine Rolle spielen. Das geht schon los beim veränderten IOC mit der neuen Präsidentin Kirty Coventry, die im Juni die Geschäfte ausnimmt. Wie sie das handhabt, ist reiner Spekulatius. Ändert sich also etwa das Wahlverfahren?, keiner weiß es. Sicher ist, dass sich die Welt wandeln wird mit ihren Kriegen und sonstigem Wandel

Pro und contra München, habe ich getitelt. Das soll eine rein subjektive Einschätzung eines geborenen und hier lebenden Münchners sein und keine Bewertung, ob eine andere (deutsche) Bewerbung anderswo besser/erfolgsversprechender ist. Sondern nur: Profitieren München, seine Einwohner und nicht zuletzt ich persönlich mit meinen 61 Jahren (2044 wäre ich also 80, wenn noch am Leben). Manche Argumente gelten (sehr ähnlich) für jede deutsche Olympiastadt.

 

Pro

 

  1. Wie gesagt: Das Konzept mit weitgehend bestehenden Sportstätten und, wo nicht vorhanden/ausreichend, nur temporären Anlagen, gefällt. Kein Protz, soweit ersichtlich, und die Kosten sollen (!) im Rahmen bleiben.
  2. Der überlastete öffentliche Nahverkehr würde einen Boost erfahren. mit neuen U-Bahn-Linien, die 2. Stammstrecke erhielte Priorität und würde dann tatsächlich fertig, naja.
  3. Rein subjektiv: Ich liebe Sport und eben auch Live Sport. Begonnen hat diese Leidenschaft mit Olympia 1972, als ich als8/9-Jähriger (Ich hatte während der Spiele Geburtstag) dabei sein durfte. Noch mal als hoffentlich rüstiger 76- oder 80-Jähriger zu einem olympischen Wettbewerb in meiner Heimatstadt, das hätte was.
  4. Olympia in München (das gilt jetzt für jeden deutschen Teilnehmer) würde den Sport national aufwerten. Viele Mittel würden fließen, die Sportelite würde profitieren, aber eben auch die insgesamt brachliegenden Sprtstätten würden aufgehübscht (so meine hehre, vielleicht arg schönfärbende Hoffnung). Nicht zuletzt wäre es für jeden deutschen Leistungssportler ein riesiger Anreiz, bei heimischen Olympischen Spielen anzutreten. Mir selbst ist der Medaillenspielel völlig schnuppe, aber für jeden einzelnen Gewinner würde es mich schon sehr freuen.
  5. Ein bisschen flapsig gesagt: Olympia in Deutschland ist „einfach dran“. Die letzten Spiele waren 1972, seitdem hat das Land in zahllosen Weltmeister- und Europameisterschaften und anderen internationalen Großveranstaltungen gezeigt, das es glänzende Gastgeber sind. Sehr gute Organisatoren, die Deutschen sind begeisterungsfähig, und zwar allen teilnehmenden Ländern gegenüber. Ein echtes Sportland und insgesamt auch ein sehr offenes Land anderen Kulturen gegenüber (noch?). Die Stimmung wäre insgesamt prächtig, da habe ich keinerlei Zweifel. Vielleicht alles ein bisschen zu perfektionistisch, aber insgesamt nicht zu vergleichen mit den Grabes-Veranstaltungen, die es in anderen Ländern schon gegeben hat. sage ich jetzt etwas überheblich, man möge es mir verzeihen. Ach ja, die Bahn wird auch fahren, wann und wohin sie soll: ganz, ganz bestimmt

 

Contra

 

  1. Es ist bei jedem Groß-Projekt so gewesen, dass die tatsächlichen Kosten weitaus höher sind wie veranschlagt.
  2. Wenn die Stadt München und das Umland attraktiver sind, wird das eh schon exorbitant teure München noch teurer. Einige wenige profitieren finanziell, de Rest der Einwohner muss blechen, blechen, blechen (wenn er das übehaupt noch kann).
  3. Ich traue dem IOC (und deren Sportverbänden) nicht einen Millimeter über den Weg. Die Funktionäre werden die Stadt übernehmen, hier Verbote aussprechen, dort Luxus verlangen (vor allem für sich selbst). Was etwa bei den European Games 2022 gut genug wahr, wird den Olympia-Ansprüchen nicht genügen. Allein schon, weil die Dimensionen ganz andere sind. 10.500 Athleten werden kommen,  jeweils etwa genauso viele Betreuer und Journalisten aus aller Welt. Mit den European Games, deren Charme ja auch das Nicht-Perfekte, das Provisorische ausmachte), also nicht im Ansatz vergleichbar.
  4. Sind die Deutschen wirklich so gute (gastfreundliche) Gastgeber: Zurzeit zeigt das Land ja eine ausländerfeindliche, ja rassistische Fratze. Keinerlei Willkommenskultur. Das Fußball-WM-Motto 2006  „die Welt zu Gast bei Freunden“ wäre heute der reine Hohn. Und vielleicht ist gar das Undenkbare Realität, dass ein AfD-Kanzler die Jugend de Welt willkommen heißt? Hatten wir ähnliches und noch viel schlimmer schon, 1936 in Berlin.
  5. Die Bahn wird eben nicht fahren
  6. Die Unwägbarkeiten: Woher soll ich im Herbst 2025 bei der Abstimmung wissen, wie die Welt und ihr Zustand (Kriege, Regierung,, Umwelt) 2036 oder gar 2044 aussieht? Wie das IOC? Wie soll ich also seriös abstimmen? Mit Verstand geht das nicht, also rein nach Gefühl?
  7. Speziell ein Münchner Problem könnte das in Daglfing geplante Olympische Dorf werden. Nur dort scheint Platz für die vom IOC geforderten 16.000 Schlaf- und Wohn-Plätze zu sein.
    Auf dem ersten Blick klingt das gut, denn das Gebiet ist ja als kommendes Wohngebiet ausgewiesen als städtebauliche Entwicklungs-Maßnahme. Doch genau die ist umstritten, es gibt schon organisierten Widerstand unter anderen von angrenzenden von Landwirten, die sich überfahren fühlen. Klagen gegen den entsprechenden Bebauungsplan sind bereits angekündigt, und vor einem zumindest erstinstanzlichem Urteil kann dieses Gebiet nur schwerlich als sichere Unterkunft angegeben werden. In einer Demokratie wie Deutschland kann der selbstverliebte Maximo Lider Markus Söder nicht einmacht so nach ordre de mufti befehlen …

 

Zusammenfassung

 

So sehr mich Olympische Spiele in München reizen und sicher auch begeistern würden. Die Nachteile überwiegen, vor allem die erwartete Kostenexplosion für die Bürger (und wahrscheinlich auch für die öffentliche Hand). Und mein Misstrauen gegen das IOC ist unendlich groß:  Ich glaube demnach kaum, dass das „vernünftige Konzept“ Chancen hat, es wird Nachbesserungen hier und Neubauten dort verlangen.

Ein allerletztes: Paris 24 wird  eh nicht zu übertreffen sein. Vielleicht sollte man es mit der Olympischen Idee einfach bleiben lassen …