Warum ich Sport so liebe

Zwei ganz großartige Wettkämpfe hatte das Wochenende zu bieten, weswegen ich diese besonders und gesondert außerhalb des Wochenrückblicks würdigen will. Mailand – San Remo, das erste Monument des Radsport im Jahr zum einen, das unglaublich spannende Finale um den Biathlon-Weltcup zwischen Franziska Preuß und Lou Jeanmonnot. Beide Wettbewerbe waren bis zum gücklichen/bitteren Ende absolut nicht vorherzusagen. Sport in seiner spannendsten, schönsten, aber auch grausamsten Form. Um bei einem dieser kostbaren Momente live dabei zu sein, ohne dass ich das Ergebnis kenne, deshalb tue ich mr das überhaupt an.

 

Tadej Pogacar bleibt unvollendet – vorerst

 

Auch der missgünstigste Konkurrent, der übellaunigste Radsportreporter und kritischste Fan wird nicht bestreiten, dass Tadej Pogacar der zurzeit mit Abstand beste Radsportler der Welt ist. Im vergangenen Jahr gewann er Giro und Tour hochüberlegen mit je 6 Etappensieger, wurde quasi nebenher Weltmeister und sicherte sich mit zum teil abenteuerlichen Alleinfahrten die Flandern-Rundfahrt und im Herbst die Lombardei-Rundfahrt. So überlegen war er teilweise, als ob er einen Motor im Rad hätte: hatte er nicht, und auch die bei derlei Ausnahmeleistungennicht verstummenden Dopinggerüchte versandeten in stets negativen Proben. Lege ich diesbezüglich meine Hände ins Feue? Gewiss nicht.

Und doch: Auch der stets angriffslustige Slowene hat noch einen Sehnsuchtstitel und der heißt: Mailand – San Remo, die Primavera im März, wenn sie aus de oft grauen und diesmal gar regnerischen Milano zur Mittelmeerküste fahren, wo dann die Sonne scheint. Mit 280 Kilometer die längste Eintagesfahrt, das erste Radmonument des Jahres. Mit dem ganz speziellen Profil, denn stets entscheidte sich das Rennen erst spät, an den steilen, giftigen Anstiegen zur Cipressa und vor allem ganz zum Schluss zum Poggio, wo vom Gipfel es nur noch 9 Kilometer hinab ins Ziel geht.
Pogacar, der als einziger der sogenannten Klassementfahrer auch die Klassiker richtig ernst nimmt, hat schon einige Versuche getan. Vergebens. Auch in de Ausgabe 2025 zählte er zu den Favoriten. An der Cipressa sprengte sein Antritt das Feld, allerdings konnten der bärenstarke Matthew van der Poel, Sieger 2023, und der italienische Zeitfahrspezialist Filippo Ganna folgen. Am Poggio versuchte es Pogacar erneut, mit vielen Antritten, doch van der Poel wich nicht vom Hinterrad, verrichtete aber relativ wenig Führungsarbeit. Gann afiel zurück, aber der waghalsige Italiener kam in der halsbrecherischen Abfahrt zurück. Einen Kilometer vor der Ziellinie war das Trio wieder zusammen. Der Ausgang? Völlig ungewiss. Höchstens Spekulatius, wer noch am.meisten Kräfte hätte. Doch als dann der so vielseitige wie eisenharte Tempobolzer van der Poel antrat, da hatte Pogacar nichts mehr entgegenzusetzen und musste sich gar hinter Ganna mit Platz 3 zufriedengeben. Zu wenig für den enttäuschten Slowenen, der tapfer bekannte, dass er es 2026 wieder versuchen wolle bei Mailand – San Remo, dem Rennen, das ihn bis in seine schlaflosen Nächte verfolgt.

 

Die Gold-Franzi

 

Schon vor dem letzten Weltcup-Biathlon-Wochenende der Saison war klar, dass die Entscheidung bei den Frauen eine ganz knappe werden würde. Was dann allerdings Franziska Preuß und Lou Jeanmonnot am Holmenkollen der gebannten Öffentlichkeit an der Strecke und den Fernsehschirmen boten, schlägt fast alles, was an Spannung erträglich ist.
Teil 1, der Sprint. Hier gehen die Athletinnen im Intervallstart auf die Loipe und zu den beiden Schießübungen liegend und stehend. Schnell war klar, dass Preuß und Jeanmonnot die Plätze 1 und 2 unter sich ausmachen würden. Preuß legte vor nach fehlerlosem Schießen mit der Startnummer 42: Klare Bestzeit, und in den Zwischenzeiten war sie immer etwas schneller gewesen als die Französin. Die allerdings mit der 48 den Vorteil hatte, dass sie die zu schlagende Zeit von Preuß kannte. Sie lief um ihr Leben – und blieb letztlich 0,2 Sekunden hinter der Deutschen zurück, die ihren Vorsprung in der Weltcupwertung auf 35 Punkte ausbaute.
Teil 2, die Verfolgung: Da nach den Zeitabständen des Sprints gestartet wurde, gingen Preuß und Jeanmonnot praktisch zeitglech auf die Strecke. Beim ersten Schießen patzte Preuß einmal, beim zweiten Jeanmonnot. Das 3. Schießen brachte die Vorentscheidung: Jeanmonnot 0, Preuß 2, . Den Valso 2 Strafrundenorsprung brachte die Französin letztlich sicher ins Ziel, während Preuß Fünfte wurde. Jetzt führte Jeanmonnot mit 5 Punkten.
Teil 3, der Massenstart: Wie der Name sagt: Alle 30 Athletinnen gehen gleichzeitig in die Spur. Erstes Schießen, Jeanmonnot schießt ungewohnt langsam, ja zittrig und einmal daneben, Strafrunde und 30 Sekunden Rückstand. Doch die Spitze um Preuß bummelt, und Jeanmonnot verkürzt erheblich. Dennoch führt die weiter fehlerlose Preuß auch nach dem zweiten Schießen. 3. Schießen: Preuß patzt, Jeanmonnot fehlerfrei, jetzt ist sie knapp in Führung, aber Preuß holt in der 4. Runde auf, sodass beide praktisch gleichzeitig zum 4. Schießen stehend kommen.
Jetzt treffen beide jeweils alle 5 Scheiben – es ist unglaublich. Gleichauf machen sie sich auf die letzte und entscheidende Runde der gesamten Saison. Klar ist jetzt schon: Wer vor der anderen liegt, wird den Gesamtweltcup gewinnen. Beide taktieren, sodass die Schwedin Hanna Öberg aufholen kann, was die Sache noch komplizierter macht. Öberg geht es allerdings nur um den Einzelsieg am Holmenkollen.
Als alle Zuschauer schon nägelkauend auf den Endspurt warten, das Missgeschick. Jeanmonnot verhakt ihre Ski, kommt zu Sturz, und Preuß nutzt das Missgeschick und setzt sich entscheidend ab. Sichert sich den Rennsieg und auch den Gesamtweltcup. Wunderbar danach die Bilder, wie die Siegerin Preuß und das gesamte französische Team die todunglückliche Jeanmonnot trösten.
Zwar legt Frankreich Protest wegen angeblicher Behinderung ein, doch der war wahrscheinlich eher pflichtschuldig ohne Hoffnung. und wurde schnell abgebügelt. Jeanmonnot ist über den eigenen Stock gestolpert.

Was Preuß und Jeanmonnot, die schon die ganze Saison dominiert haben, trotz der enormen Nervenbelastung am Holmenkollen gezeigt haben, war außergewöhnlich. Keine profitierte von einer Schwäche der anderen, beide waren dem übrigen Feld (aus lauter Weltklasseläuferinnen) hochüberlegen. Preuß belegte in den 3 Oslo-Rennen die Plätze 1, 5 und 1, Jeanmonnot wurde Zweite, Erste und Dritte.

Am Ende war Preuß, die endlich mal eine ganze Saison über gesund blieb, einfach die etwas Glücklichere;verdient hat sie es allemal, und Jeanmonnot ist auch erheblich jünger und wird ihre nächsten Chancen sicher bekommen und dann wahrscheinlich auch nutzen.