Erstmals in einer Bayern-Loge – was dort wirklich passiert
Nicht nur war ich gestern beim Spitzenspiel Bayern gegen Bayer in der Münchner Arena, sondern durfte die Partie erstmals aus einer der 106 Logen verfolgen. Unfassbares ist von dort zu vermelden. *
Begin at the beginning, wie mein erster Englischlehrer Adamczyk mantramäßig zu sagen pflegte. Am Freitag rief mich meine Bankberaterin R. an, ob ich nicht Lust hätte, sie am Samstag zum Fußballspiel Bayern München gegen Bayer Leverkusen zu begleiten. Ja, sehr kurzfristig, entschuldigte sie sich, aber sie habe gerade Karten bekommen für die Loge der HypoVereinsbank und wisse aus unseren Gesprächen , dass ich Fußballfan sei. Sie weiß auch von der Existenz dieses Blogs, auch wenn sie sich hier noch nicht geäußert ist. Ich sagte freudig zu, und es flimmerten Bilder von den sagenumwobenen Logen mit Hummer, Kaviar und Champagner satt vor meinem geistigen Auge, wo sich fußballfremde Menschen zu millionenschweren Deals treffen und nebenher ein bisschen Fußball gucken.
Die Wahrheit war sehr viel profaner. Ein länglicher Raum mit Bildern von Joshua Kimmich, Manuel Neuer und Robert Lewandowski an der Wand und tatsächlich ein Buffet mit schmackhaften, aber wahrlich nicht luxuriösen Speisen und Getränken, Gott sei Dank auch welche ohne Alkohol. Serviert von einer äußerst freundlichen Bedienung, die höchstverdient einiges an Trinkgeld einheimsen durfte. Und etwa 20 Personen mehr oder weniger fußball-affin, durchaus sympathisch (ich weiß jetzt zum Beispiel sehr viel über Einlagen in Sportschuhen), die aus ganz Deutschland (Cuxhaven!) zusammenkamen (es st auch Wiesn-Zeit), um ein tolles Fußballspiel zu sehen (na ja). Frau R. war auch da, meine persönliche Gastgeberin und Betreuerin. Sie hatte tatsächlich einen Bayern-Schal umhängen („Ich bin leidenschaftlicher Fußball-Fan“), und gerierte sich auch als Bayern-Anhängerin.
Die Gastgeber von der Hypo präsentierten Roy Makaay live vor Ort, ein fantastische und sogar mir als Löwen-Anhänger sehr sympathischer Stürmer der Münchner in den Nuller-Jahren. Der mir noch sympathischer wurde, als er auf die Frage antwortete, was sein größter Erfolg gewesen wäre: „Meine Meisterschaft mit Deportivo La Coruna“ und diese Worte auf die entgeisterte Nachfrage „Wirklich???“ bekräftigte und auch begründete, weil Depor eben als kleienr Verein in die Phalanx von Real und Barca eindrang. Makaay übrigens hat 2002 in der Champions League in einer Partie beim FC Bayern mit drei Toren erst die ganz große Aufmerksamkeit der Münchner auf sich gezogen.Jetzt ist der Holländer Bayern-Repräsentant und war Wiesn-stilecht in reichlich kuzen Lederhosen gewandet.
Einen längeren Spielbericht zum 1:1 erspare mir und Euch. Ich war von Bayer extrem enttäuscht, das von der 1. Minute an wie ein Abstiegskandidat das eigne Tor verrammelten und irgendwie einen Punkt ergatterten wollten. Ihr finnischer Torwart Lukas Hradecky zum Beispiel ließ sich von Beginn an aufreizend viel Zeit bei seinen Abschlägen.Die Bayern machten durchaus Druck, scheuten aber auch das letzte Risiko, hätten sich letztlich aber den Sieg verdient gehabt. Immerhin gab es zwei wirklich schöne Tore zu bewundern, die Robert Andrich zur Bayer-Führung und Alexander Pavlovic zum Ausgleich erzielten. Zwei Sonntagsschüsse am Samstagabend, fantastisch getroffen, wenngleich nicht absolut unhaltbar (kann man unhaltbar steigern?) wirkten. Die Doppel-Szene des Abends: Serge Gnabry traf mit einer herrlichen Direktabnahme den rechten Innenpfosten und drosch den Nachschuss an die Latte.
Die Stimmung war ausbaufähig, um es noch freundlich zu formulieren. Monotoner Sprechgesang über die gesamten 90+x Minuten aus dem Bayern-Fanblock, auf das Spiel in keiner Weise eingehend. Ich hab mal die Augen zugemacht, und es war mir unmöglich zu deuten, wo der Ball ist und wer ihn hat.
Insgesamt aber ein sehr erfreulicher Ausflug in die Arena. Vielen Dank, Frau R, für die Einladung und gerne auf eine Wiederholung.
* Wer sich die Spannung versauen will: Niemand tanzte auf den Tischen und es gab keine (Alkohol)-Exzesse oder andere Ausschweifungen.
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